Der Nutzen wiedervernässter Moore

Dr. Franziska Tanneberger ist Moorforscherin und leitet seit 2015 das Greifswald Moor Centrum (GMC). Sie forscht zu wiedervernässten Mooren und wie diese genutzt werden können. 2023 wurde sie als Mitglied in den Rat für Nachhaltige Entwicklung berufen.

Franziska Tanneberger wollte sich bereits ab Ende ihrer Schulzeit für den Schutz der Natur und für große, noch intakte Naturlandschaften einsetzen. In Berührung kam sie mit solchen Landschaften erstmalig, als sie im Alter von 17 Jahren nach Sibirien reiste. „Das Erleben der riesigen, weitgehend vom Menschen ungestörten Natur Sibiriens war für mich eine tief prägende Erfahrung. Für den Schutz dieser Regionen, aber auch für das, was an Natur in Mitteleuropa noch erhalten oder zu retten ist, wollte ich mich einsetzen," erinnert sich Tanneberger.
Schritt für Schritt kam es dazu, dass sie Ökosysteme besser verstehen und durch wissenschaftliche Arbeit auch ihre Wiederherstellung unterstützen wollte, über Deutschland hinaus. Ihr wichtigster Antrieb seien aber die Menschen, mit denen sie täglich zusammenarbeitet: „Letztlich geht es um unsere Lebensbedingungen als Menschen, um die aller Lebewesen, und die nachfolgenden Generationen. Ganz konkret sind es aber vor allem auch die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite und von denen ich lernen darf, die mich inspirieren und ermutigen."

Moore – ein besonderer Lebensraum
Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen Moore. Tanneberger untersucht den Zusammenhang zwischen ihrem Zustand (natürlich, entwässert und wiedervernässt) und ihren Eigenschaften, also ihrer Fähigkeit, Torf zu bilden, ihrer Biodiversität und ihren Ökosystemleistungen. „Moore faszinieren mich, weil sie so viel auf den zweiten Blick offenbaren. Sie sind gigantische Kohlenstoffspeicher, lebensnotwendige Schwämme in der Landschaft, wasserreinigende Filter und Hotspots der Biodiversität. Sie erzählen uns die Geschichte unserer Landschaft und sehr viel über uns selber!" so Tanneberger weiter.

In Deutschland sind heute fast alle Moore entwässert und machen daher sieben Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen hierzulande aus. Durch eine Wiedervernässung können diese Emissionen vermieden werden und zugleich erlangen die Moore ihre Funktion zurück, CO2 aufzunehmen und als Torf zu speichern. Moore werden so zu wichtigen „Helfern" im Kampf gegen den Klimawandel, tragen zu guter Wasserqualität und stabilem Landschaftswasserhaushalt bei. Einen immer wichtiger werdenden Teil ihrer Forschung bezieht Franziska Tannenberger auf die Land- und Forstwirtschaft auf nassen Moorböden. Mit diesen sogenannten Paludikulturen lassen sich Moore nachhaltig nutzen, z.B. zur Produktion klimapositiver Baumaterialien. Seit 2023 wird eine solche „nasse Landwirtschaft" auch mit Mitteln der EU-Agrarpolitik gefördert. Große Modell- und Demonstrationsvorhaben wurden in fünf Bundesländern gestartet, um Wiedervernässung und Umsetzung von Paludikultur zu erproben. Parallel formiert sich eine Nachfrageallianz großer deutscher Unternehmen im Rahmen der Initiative toMOORow, die die neuen Wertschöpfungsketten auch von der Nachfrageseite her aktiviert. Diese Initiative wird von der Umweltstiftung Michael Otto und der Michael Succow Stiftung/Greifswald Moor Centrum getragen.

Forschungsalltag im Greifwald Moor Centrum
Gemeinsam mit Dr. Greta Gaudig leitet Dr. Franziska Tanneberger das Greifswald Moor Centrum, das im Jahr 2015 von der Universität Greifswald, der Michael Succow Stiftung und den DUENE e.V. gegründet wurde. Am Zentrum forschen mittlerweile etwa 100 Personen interdisziplinär zum Thema Moore. Die hier betriebenen Datenbanken wie die Global Peatland Database ermöglichen es, weltweit nachgefragte Moordaten zu erarbeiten. „Dank dieser über mehr als 20 Jahre aufgebauten Datenbank konnten wir im letzten Jahr alle Karten für das weltweit erste Global Peatlands Assessment des UN-Umweltprogramms hier bei uns in Greifswald erstellen," ist Tanneberger stolz.

Trotz der großen Erfüllung, die die Moorforschung mit sich bringt, ist Franziska Tannebergers Alltag von der Herausforderung geprägt, das Greifswald Moor Centrum ohne institutionelle Finanzierung führen zu müssen. Die allermeisten Personalstellen sind projektbezogen und befristet. „Ich wünsche mir sehr, dass wir am Standort Greifswald Moorforschung und Moorschutz-Aktivitäten langfristig auf stabile Füße stellen können und damit langfristige und bessere Arbeitsbedingungen für dieses so relevante Thema schaffen können," erklärt sie. Dennoch betont sie, wie wichtig es ist, sich beruflich für Themen und Formate zu entscheiden, von denen man innerlich am meisten überzeugt ist: „Besonders schätze ich die unglaublich inspirierende, positive, solidarische und fokussierte Atmosphäre innerhalb des Greifswald Moor Centrums."

Für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler hat sie deshalb folgenden Rat: „Suchen Sie sich ein Arbeitsumfeld, in dem man in einer Gemeinschaft von Menschen mit ähnlicher Haltung konstruktiv, mit wenig Konkurrenz und viel Kooperation arbeitet."

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