Statusseminar "Meeresforschung mit FS SONNE"

Etwa 60 Meeresforscher haben beim Statusseminar „Meeresforschung mit FS SONNE" am Institut für Chemie und Biologie des Meeres an der Universität Oldenburg ihre Forschung auf dem neuen Forschungsschiff SONNE vorgestellt.

Rund 80 Meeresforscher diskutieren beim Statusseminar „Meeresforschung mit FS SONNE" ihre Forschungsergebnisse
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Podcast: Statusseminar "Meeresforschung mit FS SONNE"

„Großartig, einzigartig, schön, ereignisreich, tief, oligotroph und umwerfend" - So beschreiben die Wissenschaftler ihre Forschungserlebnisse an Bord der SONNE in einem Wort. Das modernste deutsche Forschungsschiff wird der Meeresforschung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Verfügung gestellt. Rudolf Leisen ist Referatsleiter im Referat System Erde, das für die Förderung der Meeres- und Geoforschung zuständig ist: „Es ist ein völlig neu konzipiertes Schiff, das modular aufgebaut ist, was besondere Anforderungen erfüllt und damit auch besondere Möglichkeiten bietet in der Variabilität und Flexibilität, die gesamte Bandbreite der Meeresforschung interdisziplinär zu erforschen. Deshalb denken wir, dass die SONNE durchaus ein Muster für weitere Forschungsschiffe sein kann."

Zur Zeit läuft die Ausschreibung für den neuen Forschungseisbrecher POLARSTERN, der anderthalb Meter dickes Eis problemlos durchbrechen kann und deshalb unter anderem als Versorgungsschiff für die Forschungsstation Neumayer III in der Antarktis dient. Nach SONNE und POLARSTERN wird auch der Rest der deutschen Forschungsflotte nach und nach modernisiert: „Im Moment in der Vorbereitung ist, dass wir ein gemeinsames Nachfolgeschiff für die METEOR und die POSEIDON planen, die in die Jahre gekommen sind", erläutert Leisen. „Da hat uns die SONNE so gut gefallen, dass das Folgeschiff sicher Ähnlichkeiten mit der SONNE haben wird", so Leisen weiter. Das Nachfolgeschiff für die Forschungsschiffe METEOR und POSEIDON soll 2020 in Dienst gestellt werden. Für ihren ersten Werftaufenthalt werde die SONNE im Herbst nach Deutschland kommen, kündigte Leisen auf dem Statusseminar an.

2016 und 2017 hat das Bundesforschungsministerium zum Wissenschaftsjahr der Meere und Ozeane ausgerufen – zwei Jahre, in denen die Öffentlichkeit bei vielen Veranstaltungen, Ausstellungen und Workshops an der Meeresforschung teilhaben kann. Im Wissenschaftsjahr sind auch die neuen Forschungsprogramme für die Geo- und Meeresforschung GEO:N und MARE:N erschienen: „MARE:N deckt alle wichtigen Fragen für die nächste Dekade ab. Es ist ein mit den wichtigsten Ressorts der Bundesregierung abgestimmtes Programm, das in den nächsten Jahren mit vielen 100 Millionen Euro ausgestattet ist. Es ist vom Klima über geologische Fragestellungen bis zur Umwelt keine Fragestellung auszuschließen und gerade die SONNE ermöglicht zukunftsfähig die wichtigsten Fragen anzugehen."

Zu den Forschungsthemen, die an Bord erforscht werden, gehören Stoffkreisläufe und Energieflüsse in der ozeanischen Kruste und in der Wassersäule, das Ökosystem Meer und die Biodiversität im Meer sowie der Umgang mit Naturgefahren und die Plattentektonik. Auch die nachhaltige Ressourcennutzung, zum Beispiele welche Folgen es haben würde, wenn Manganknollen aus der Tiefsee abgebaut würden, untersuchen die Wissenschaftler auf der SONNE.

Heidrun Kopp ist Professorin für Dynamik des Ozeanbodens am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Sie hat auf der SONNE vor Chile erforscht, wie Erdbeben entstehen: „Wir haben Deformationen am Meeresboden untersucht, das heißt, wir haben untersucht, wie sich der Meeresboden bewegt. Das sind natürlich tektonische Bewegungen, also ganz kleinskalige Bewegungen, maximal ein paar Millimeter pro Jahr. Und wenn man die messen kann, dann kann man Rückschlüsse ziehen auf die Generierung von Erdbeben", so die Geophysikerin. Viele verheerende Erdbeben ereignen sich an Plattengrenzen unter dem Meeresboden. Um ihre Ursache zu erforschen, müssen die Meeresforscher durch viele Kilometer Wasser bis auf den Meeresboden blicken können: „An Land wird das seit etwa 20 Jahren mit Satelliten-GPS gemacht, mit dem Global Positioning System gemacht, das wir auch in jedem Navigationsgerät und in jedem Handy haben. Das funktioniert am Meeresboden nicht, weil diese Satellitenmessungen nicht durch Wasser hindurchgucken können – das sind elektromagnetische Welle und die pflanzen sich im Wasser nicht weit genug fort. Wir haben jetzt ein anderes System entwickelt, basierend auf akustischen Messungen, und die erlauben uns, kleine Bewegungen und Deformationen des Meeresbodens zu erkennen." Kopp erhofft sich, langfristig Rückschlüsse darauf ziehen zu können, wo Erdbeben entstehen und welche Regionen besonders gefährdet sind.

Der Meeresboden in der Tiefsee ist immer wieder für Überraschungen gut, berichtet auch Dr. Thomas Kuhn von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: „Bisher ist man immer davon ausgegangen, dass der Meeresboden in den Tiefen – so in 4000 Meter Wassertiefe in großer Entfernung zu den Kontinenten – relativ einfach ist: Dass der im Grunde genommen aus einer Tiefseeebene besteht: Die ist flach, die ist mit Sediment bedeckt und da liegen dann die Manganknollen drauf, die man dann ganz leicht abernten kann. Und wir haben jetzt durch unsere Arbeiten festgestellt, dass die Morphologie sehr vielfältig ist: Es gibt ganz viele Seamounts, untermeerische Berge. Wie gesagt, wir befinden uns in 4000 Meter Wassertiefe. Die Berge sind dort bis zu 3000 Meter hoch. Zwischen den Seamounts hat man dann Nord-/Süd-orientierte Rücken und Grabenstrukturen. Wie das Weser-Leine-Bergland kann man sich das vorstellen, so Hügel und kleine Täler. Die gibt es offensichtlich auch, aber wir dachten, dass die mit Sediment bedeckt sind, weil die Kruste hier schon 18 bis 22 Millionen Jahre alt ist. Aber auch dem ist nicht so. Da liegt wenig bis gar kein Sediment drauf, das befindet sich in den Tälern zwischen den Hügeln. Und das ist deshalb so, weil diese Hügel durch Brüche in der daruntergelegenen Kruste herausgehoben werden. Das ruckelt und schüttelt noch bis heute und das Ruckeln und Schütteln bedeutet, dass die Sedimente, die normalerweise wie Schnee herabrieseln und die ganze Region einebnen, stattdessen in die Täler rutschen und die Bergrücken freibleiben."

Der Geologe zeigt sich wie die meisten Besucher des Statusseminars begeistert von dem Forschungsschiff: „Es bietet großen Decksplatz, sodass man die entsprechend großen Geräte und viele Geräte mitnehmen kann, sodass man interdisziplinär arbeiten kann, was früher nicht ohne Weiteres ging."

Geologen, Biologen, Chemiker und Physiker aus der ganzen Welt arbeiten an Bord der SONNE Seite an Seite und gewinnen so völlig neue Erkenntnisse über unsere Meere und Ozeane.

Die aktuelle Fahrtplanung der SONNE finden Sie auf der Webseite von Projektträger Jülich.

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