Wie ist es um die biologische Vielfalt in der Ostsee bestellt?

Dieser Frage widmet sich das BONUS Projekt BIO-C3 („Biodiversity changes: causes, consequences and management implications), in dem Wissenschaftler aus Deutschland, Dänemark, Schweden, Polen, Estland, Finnland und Litauen gemeinsam die Ostsee erforschen.

Die Forscher untersuchen, wie sich die biologische Vielfalt in der Ostsee verändert hat, welche Ursachen die zu- oder abnehmende Artenvielfalt hat und inwiefern sich diese auf die Nahrungsnetze in der Ostsee auswirken. Da der Salzgehalt der Ostsee gering ist und es sich bei der Ostsee um ein relativ junges Meer handelt, gibt es hier verglichen mit den Ozeanen sehr wenige Tier- und Pflanzenarten. Diese reagieren empfindlicher auf Umweltveränderungen und eine Etablierung neuer, gebietsfremder Arten ist leichter möglich. Gleichzeitig sind Umweltveränderungen einschließlich der Temperaturerwärmung, der Ausweitung von Sauerstoffminimumzonen sowie der zunehmenden Eutrophierung in der Ostsee in den vergangenen 30 Jahren deutlich schneller vorangeschritten als im globalen Durchschnitt. Welchen Einfluss die Kombination von Faktoren auf den Lebensraum Ostsee haben, soll in diesem Forschungsprojekt untersucht werden. Unter anderem geht es um die Erhaltung der Ostseefischbestände des Dorsches und Herings, welche wichtige Lebensmittel für die angrenzenden Länder darstellen. Darum sollen die Strategien, mit denen sich invasive und einheimische Fischarten an veränderte Klima- und Umweltbedingungen anpassen, erforscht werden. Die Wissenschaftler wollen ein Modell entwickeln, mit dem sie vorhersagen können, wie sich die Fischbestände in Zukunft entwickeln und was das für die Fischerei bedeutet.

In einem gerade erschienenen englischsprachigen Film stellen die Wissenschaftler ihre Forschung vor. Der Film erklärt, dass biologische Vielfalt auf verschiedenen Komplexitätsebenen relevant ist, so neben der den meisten bekannten Artenvielfalt auch innerhalb von Arten in Form der genetischen Diversität sowie auf höherer Ebene in der Vielfalt von vorhandenen Lebensräumen. Als ein Beispiel werden die eingewanderte Schwarzmund-Grundel und die heimischen Arten Dorsch und Hering beschrieben. Während erstere eine breite Toleranz gegenüber unterschiedlichen Umweltbedingungen hat, zeigen letztere lokale Anpassungen an bestimmte Bedingungen innerhalb der Ostsee und unterscheiden sich genetisch voneinander.

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In mehreren Blogs berichten die Forscher außerdem über ihre Erkenntnisse aus dem Projekt. So beschreibt beispielsweise Dr. Anna Törnroos aus Kopenhagen die drei wichtigsten Veränderungen der Ostsee, die einen Einfluss auf unser tägliches Leben haben:

  • Überdüngung, also ein übermäßiger Eintrag an Nährstoffen wie Phosphor und Nitrat aus der Landwirtschaft, führt laut der Wissenschaftlerin im Sommer zu einer Algenblüte, wegen der schon mal Strände geschlossen werden müssen, und die bei Zersetzung der Algen am Grund den Sauerstoffverbrauch im Wasser erhöht.
  • Überfischung einiger Arten führt zu einem unausgewogenen Artenverhältnis in der Ostsee – Ostseefisch wird immer seltener.
  • Klimawandel ist die dritte gravierende Änderung im Ostseeraum: Immer frühere warme Frühlinge, zunehmende Stürme, die Ausbreitung von Sauerstoffminimumzonen und ein steigender Meeresspiegel könnten Auswirkungen der globalen Erwärmung sein.

Das Forschungsprojekt BIO-C3 wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im internationalen BONUS-Programm gefördert, dessen Ziel es ist, die negativen Folgen von Verschmutzung, Klimawandel, Versäuerung und Überfischung sowie den Verlust an biologischer Vielfalt in der Ostsee zu erforschen und zu bekämpfen. Hinter dem Kürzel BONUS verbirgt sich ein gemeinsames Forschungs- und Entwicklungsprogramm für die Ostsee, an dem sich die Ostseeanrainerstaaten Dänemark, Deutschland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Finnland und Schweden beteiligen. Russland nimmt auf Grundlage von bilateralen Abkommen teil.