Deutsches Arktisbüro nimmt Arbeit als Ratgeber für Politik und Wirtschaft auf

Die rasanten Klimaveränderungen in der Arktis beschäftigen inzwischen nicht mehr nur die Wissenschaft. Schrumpfendes Meereis und zerfallende Permafrostküsten rücken als Themen auch auf die Agenda der internationalen Politik und Wirtschaft. Um Entscheidungsträgern auf direktem Wege wissenschaftliche Beratung anbieten zu können, hat das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) an seinem Potsdamer Standort nun ein Büro für Arktisangelegenheiten eingerichtet. Das Deutsche Arktisbüro hat am 1. Januar 2017 offiziell seine Arbeit aufgenommen und setzt auf ein Expertennetzwerk aus Wissenschaftlern aller deutschen Forschungsinstitutionen, die zu Arktisthemen arbeiten.

Obwohl die Bundesrepublik Deutschland kein Arktis-Anrainerstaat ist, gehört sie zu den führenden Forschungsnationen in der Arktis. Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, auch die politische Rolle Deutschlands in Arktis-Angelegenheiten zu stärken. Aufgrund der geopolitischen, geoökonomischen und geoökologischen Bedeutung der sich durch die Klimaerwärmung besonders rasant verändernden Nordpolarregion strebt die Bundesregierung an, die Arktis zu einem zentralen Thema deutscher Politik zu machen. „Dazu benötigt sie jede Menge wissenschaftliche Beratung und Unterstützung – eine Aufgabe, die wir als Deutsches Arktisbüro übernehmen werden, sagt Dr. Volker Rachold.

Der AWI-Wissenschaftler und langjährige Geschäftsführer des International Arctic Science Committee (IASC) leitet das neue Deutsche Arktisbüro, das im Januar 2017 seine Arbeit am Potsdamer Standort des Alfred-Wegener-Institutes aufgenommen hat.

Wissenschaftlicher, neutraler Ansprechpartner für Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft

Die Initiative zum Deutschen Arktisbüro kam vom Auswärtigen Amt, welches die Bundesrepublik Deutschland als Beobachter im Arktischen Rat vertritt, sowie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, welches die deutsche Arktisforschung fördert.

Volker Rachold und seine zwei Mitarbeiterinnen werden Vertretern aus Politik, Forschung und Wirtschaft in Arktisangelegenheiten als wissenschaftlich-neutrale Ansprechpartner dienen und dabei auch eng mit den Berliner Botschaften der Arktis-Anrainerstaaten zusammenarbeiten. Das Arktisbüro dient als Kooperationsplattform, die kontinuierlich, mit Sachverstand und einem umfassenden Überblick über die verschiedenen Aktivitäten als Nahtstelle zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft fungiert.

Außerdem will das Team die vom AWI und dem Auswärtigen Amt initiierte Veranstaltungsreihe „Arktis-Dialog fortsetzen. An ihr nehmen mittlerweile Vertreter aus sechs Bundesministerien regelmäßig teil. Im Rahmen des Arktis-Dialogs stehen Experten aus unterschiedlichen Forschungszweigen den Regierungsvertretern Rede und Antwort. „Zu unserem Netzwerk zählen nicht nur Polarforscher des Alfred-Wegener-Institutes, sondern auch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen anderer Forschungsinstitutionen wie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, dem Deutschen Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt, dem Institute for Advanced Sustainability Studies oder dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Ihre Mithilfe brauchen wir zum Beispiel, wenn es darum geht, deutsche Experten zu benennen, welche in die unterschiedlichen Arbeitsgruppen des Arktischen Rates entsandt werden, sagt Volker Rachold.

Arktis-Anrainerstaaten interessieren sich für deutsche Forschungsexpertise und Umwelttechnik

Welche Erwartungen die Mitglieder des Arktischen Rates an den „Beobachter Deutschland haben, weiß der Geochemiker aus seiner langjährigen Tätigkeit als IASC-Geschäftsführer. „Die Anrainer interessieren sich zum einen für deutsche Forschungsergebnisse, zum Beispiel im Hinblick auf die Auszeichnung von Meeresschutzgebieten. Zum anderen setzen sie auf deutsches Knowhow und deutsche Technologien, wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung und den Klima- und Umweltschutz arktischer Regionen geht, wobei Deutschland zum Beispiel zur besseren Eisvorhersage für die Schifffahrt und zur Abwehr möglicher Umweltgefahren durch verstärkte Schifffahrt beitragen kann, erläutert Volker Rachold.

Investitionen der Wirtschaft und Politik in den arktischen Raum lassen sich seiner Meinung nach nicht aufhalten, sondern nur wachsam und nachhaltig begleiten – zum Beispiel durch den Einsatz moderner Umwelttechnik und mithilfe einer vorausdenkenden Forschung. „Als Arktisbüro haben wir auch die Aufgabe, die konkreten Fragen der Regierungen und Unternehmen mit den Instituten und Universitäten zu erörtern, sodass die Forschung diese Fragen bearbeiten kann. Wenn es uns dann gelingt, die Forschungsergebnisse an die Stakeholder und Entscheidungsträger zurückzuspielen, werden wir dem wachsenden Anspruch nach einer gesellschaftlich relevanten Wissenschaft gerecht. Dazu aber muss der Dialog zwischen Forschung und Stakeholdern intensiv und stets in beide Richtungen gepflegt werden, sagt Volker Rachold.

Ausführliche Informationen zur Arbeit des Arktisbüros stellt das Team demnächst auf einer büroeigenen Webseite zur Verfügung. Erste Termine stehen ebenfalls schon fest. Den Auftakt bildet Ende Mai eine gemeinsam mit Finnland organisierte Informationsveranstaltung in der finnischen Botschaft in Berlin. Finnland wird im Mai 2017 den Vorsitz des Arktischen Rates übernehmen.