Bekanntmachung: Klimawandel und Extremereignisse

Richtlinie zur Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten zum Thema Extremereignisse Klimawandel und Extremereignisse (ClimXtreme) (Dachbekanntmachung Naturrisiken zu den Forschungsbereichen Extremereignisse und Georisiken). Bundesanzeiger vom 08.12.2017

Vom 22. November 2017

Naturkatastrophen verursachen jedes Jahr große Verluste an Menschenleben und führen zu wirtschaftlichen Schäden in Milliardenhöhe. Von den großen Rückversicherern wird eine zunehmende Zahl an Schadensereignissen durch Naturkatastrophen verzeichnet. So wurden im Jahr 2016 fast doppelt so viele Ereignisse gezählt wie im Durchschnitt der letzten 30 Jahre. Und die Statistik zeigt eine Verdreifachung der bilanzierten Ereignisse seit dem Jahr 1980 sowie eine deutliche Zunahme in den vergangenen Jahrzehnten. Das Jahr 2016 ist global als eines der schadenreichsten in die Statistik eingegangen. Dies hat vor allem zwei Gründe:

Die extremen Wetter- bzw. Klimaereignisse nehmen infolge des Klimawandels zu.

Ereignisse gleich welcher Art entfalten eine größere Schadenswirkung aufgrund einer höheren Exposition und einer größeren Vulnerabilität durch eine wachsende Weltbevölkerung.

Der Trend zu einer weltweit wachsenden Zahl von Ereignissen hält dabei unvermindert an. Hieraus ergibt sich ein dringender Handlungsbedarf. Da Naturkatastrophen zu großen volkswirtschaftlichen Schäden führen, ist es wichtig, ein besseres Verständnis über Ursachen und Auftreten dieser Ereignisse zu erlangen. Im Kontext des Rahmenprogramms Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA3), greift das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Thema Naturrisiken daher in einer Dachbekanntmachung auf. Mit FONA3 sollen innovative Lösungen für diese Herausforderungen erarbeitet und Entscheidungsgrundlagen für zukunftsorientiertes Handeln geliefert werden. Das Spektrum reicht dabei von der Grundlagenforschung bis zur Entwicklung einsatzbereiter Anwendungen.

Mit der Dachbekanntmachung zu Naturrisiken soll durch strukturierte Forschungsmaßnahmen ein wichtiger Beitrag geleistet werden, um Menschenleben und Infrastruktur zu schützen. Um die Grundlagen für Prävention, Risiko-management und Zukunftsvorsorge zu schaffen, ist dabei eine klare Unterscheidung zwischen meteorologischen bzw. klimatologischen Extremereignissen wie Stürme, Dürren, Starkniederschlägen und Hitzewellen und geologischen Ereignissen wie z. B. Erdbeben notwendig. Obschon die Folgen für Mensch und Natur vergleichbar sein können, sind die Ursachen von extremen Wetter- und Klimaereignissen einerseits sowie von geologischen Ereignissen anderseits grundlegend verschieden.

Daher erfolgt die Förderung von Forschungsprojekten zum grundlegenden Verständnis von Naturrisiken im Rahmen eines gemeinsamen Programms mit zwei fachspezifischen Teilbekanntmachungen zu extremen Wetter- und Klima-ereignissen bzw. Georisiken, die jeweils darauf ausgerichtet sind, wichtige Grundlagen für die Risikovorsorge bei Naturrisiken zu schaffen. Die Dachbekanntmachung Naturrisiken gliedert sich dazu in zwei Themenschwerpunkte, um:

Schwerpunkt A:
Beiträge zu einem besseren Prozessverständnis von extremen Wetter- und Klimaereignissen zu erhalten, den Einfluss des Klimawandels zu bestimmen und durch neue Erkenntnisse und belastbare Ergebnisse bessere Vorsorge leisten zu können,

Schwerpunkt B:
das Verständnis von Georisiken zu fördern und dadurch neue verbesserte Verfahren zur Früherkennung und Schadensanalyse sowie effektive Informationssysteme zur Frühwarnung zu entwickeln.

Zu Schwerpunkt A: Klimawandel und Extremereignisse

Der Klimawandel führt zu Veränderungen der Häufigkeit, Intensität, räumlichen Ausdehnung, der Dauer sowie dem zeitlichen Auftreten extremer Wetter- und Klimaereignisse. Er kann seit Beginn der amtlichen Messungen noch nie vorgekommene extreme Wetter- und Klimaereignisse zur Folge haben. Das konstatiert der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change) in seinem Sonderbericht zu Extremereignissen (Management des Risikos von Extremereignissen und Katastrophen zur Förderung der Anpassung an den Klimawandel, SREX).

Auch in Europa hat die Anzahl von extremen Wetter- und Klimaereignissen deutlich zugenommen. Ungewöhnliche Häufungen von Starkniederschlägen in Mitteleuropa sowie anhaltende Dürren in Südeuropa werfen die Frage auf, ob sich hierbei bereits der Klimawandel zeigt und wie sich das Auftreten von Extremereignissen zukünftig entwickelt. Es ist daher wichtig, das Wissen über Extremereignisse und den Einfluss von Umweltveränderungen auf diese Ereignisse zu verbessern. Dabei soll das Ziel erreicht werden, Aussagen über zukünftige Änderungen in Häufigkeit und Intensität der zu erwartenden Extremereignisse zu machen, aber auch Regionen zu identifizieren, wo vermehrt oder intensiver extreme Wetter- und Klimaereignisse auftreten können.

Zu Schwerpunkt B: Georisiken

Eine sichere Vorhersage und damit rechtzeitige Frühwarnung vor Erdbeben ist nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nicht möglich. In der Regel verbleiben nur wenige Sekunden zwischen der Detektion eindeutiger seismischer Signale und dem Eintreten eines Bebenereignisses.

Eine wesentliche Aufgabe der Erdbebenforschung ist daher die Identifikation erdbebengefährdeter Regionen und die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit von Schadensereignissen, um daraus Konsequenzen für Sicherheitsmaßnahmen abzuleiten. Hierzu gehören z. B. die Ertüchtigung der Infrastruktur und der Aufbau effektiver Informationssysteme für den Schadensfall. Weiterhin kann die schnelle Auswertung von Erdbebendaten dazu genutzt werden, die am stärksten betroffenen Gebiete zu identifizieren und damit einen wichtigen Beitrag zu Katastrophenbewältigung zu leisten.
Mit dem Schwerpunkt Georisiken soll insbesondere ein Betrag dazu geleistet werden, Verfahren und Instrumente zur Detektion und Auswertung seismischer Ereignisse zu verbessern sowie nach einem Erdbeben zeitnah wichtige Informationen bereitzustellen, um das Schadensausmaß besser abschätzen zu können und Folgeschäden zu begrenzen.

Unter der Dachbekanntmachung „Naturrisiken wird jetzt zunächst die Teilbekanntmachung für Schwerpunkt A: Klimawandel und Extremereignisse veröffentlicht. Die Teilbekanntmachung zu Georisiken ist für das Jahr 2018 geplant. Nachfolgend soll auf Basis der Ergebnisse beider Fördermaßnahmen eine integrative Analyse im Sinne eines Risiko-managements und der verbesserten Anpassung und Vorsorge zur Abwendung negativer Folgen der Auswirkungen von Naturereignissen erfolgen.

1 Förderziel und Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1 Förderziel und Zuwendungszweck

Innerhalb des Rahmenprogramms Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA3) beabsichtigt das BMBF Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu Klimawandel und Extremereignissen zu fördern. Mit dem Förderschwerpunkt ClimXtreme – Klimawandel und Extremereignisse verfolgt das BMBF das Ziel, das Verständnis über das Auftreten von extremen Wetter- und Klimaereignissen zu erhöhen und durch neue Erkenntnisse und belastbare Ergebnisse besser damit umgehen zu können. Der Förderschwerpunkt trägt damit innerhalb des Rahmenprogramms FONA3 insbesondere zur Vorsorgeforschung zum Klimawandel bei und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der High-Tech-Strategie Innovationen für Deutschland.
Es ist zu erwarten, dass der Klimawandel extreme Wetterereignisse in Deutschland beeinflussen wird. Hitzewellen, Starkniederschläge, Hochwasser oder Stürme können große Schäden verursachen und lebensbedrohlich sein. Aussagen zu Veränderungen von extremen Wetter- und Klimaereignissen in einem sich wandelnden Klima sind noch mit großer Unsicherheit behaftet, da sie durch vielfältige, regionale und globale Wirkungszusammenhänge bedingt sind. Es ist daher von fundamentalem Interesse für Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und öffentlicher Verwaltung in Deutschland zu wissen, wie sich der Klimawandel auf die Häufigkeit, Intensität und das räumliche Auftreten von Extremereignissen auswirkt bzw. auswirken wird. Hier besteht ein großer Bedarf an einer neuen, strukturierten Fördermaßnahme.

Das übergeordnete Ziel der Fördermaßnahme dient der Beantwortung der folgenden drängenden Fragen:

  • Treten Extremereignisse im Zuge des Klimawandels bereits vermehrt auf?
  • Sind besonders intensive Extremereignisse wahrscheinlicher geworden?
  • Wie wird der Klimawandel in der Zukunft Extremereignisse in Intensität, Häufigkeit und räumlicher Verteilung verändern?

Mit den Antworten auf diese Fragen trägt diese Fördermaßnahme insbesondere dazu bei, die Herausforderung des Umgangs mit extremen Wetter- und Klimaereignissen zu bewältigen.
Die Anpassung an den Klimawandel und das Management von Katastrophenrisiko bieten eine Bandbreite einander ergänzender Ansätze zum Umgang mit dem Risiko von Klimaextremen und Katastrophen.
In einem konzertierten Forschungsansatz sollen Beobachtungs- und Modellierungsdaten systematisch mit einheit-lichen Methoden untersucht und synergetisch ausgewertet werden um Abweichungen bzgl. Häufigkeit und Intensität von extremen Ereignissen identifizieren zu können. ClimXtreme wird dabei neue methodische Ansätze entwickeln und erproben, die über den bisherigen Stand der Forschung hinausgehen. Daraus können entwicklungsfähige Bewertungstools hinsichtlich bestimmter Parameter (wie z. B. Intensität und Häufigkeit extremer Niederschläge) erarbeitet und für die weitere Nutzung (z. B. Klimaservices) bereitgestellt werden.
Aus den erzielten Ergebnissen ergeben sich zum einen die Einordnung und Quantifizierung des menschlichen Anteils (Klimawandel) an Extremereignissen. Zum anderen kann mit den Informationen über die Veränderungen von Extremereignissen das Katastrophenrisikomanagement als Teil der Anpassung an den Klimawandel unmittelbar verbessert werden. Dies befähigt die zuständigen Behörden/Institutionen, eine differenziertere Bewertung von möglichen Schäden und Kosten durch Extremereignisse in Abhängigkeit verschiedener Emissionsszenarien vorzunehmen, um daraus praxistaugliche Handlungsoptionen abzuleiten. ClimXtreme wird die wissenschaftlichen Grundlagen für klimapolitische Entscheidungen im Bereich Anpassung und Klimaschutz verbessern. Die Thematik macht eine Herangehensweise erforderlich, die sich auf vier Themenschwerpunkte konzentriert (siehe in Nummer 2).