Kieler Meeresforscher entdecken sauerstoffarme Wirbel im Atlantik

In den sehr sauerstoffarmen Wirbel im tropischen und subtropischen Atlantik leben Mikroorganismen, die Lachgas produzieren. Lachgas wirkt in der Atmosphäre als starkes Treibhausgas.

Zunächst dachten alle Beteiligten an einen Messfehler. Im Jahr 2010 zeichnete das Cape Verde Ocean Observatory (CVOO), eine ozeanographische Messstation nördlich der kapverdischen Inseln, für mehrere Wochen einen Sauerstoffgehalt von nahezu Null im oberflächennahen Wasser auf. Im tropischen Ostatlantik existiert zwar ein Tiefenbereich, in dem weniger Sauerstoff im Wasser gelöst ist als in anderen Regionen. Doch nahezu sauerstofffreie Bedingungen, wie man sie aus dem Pazifik kennt, gebe es im Atlantik nicht – so die damalige Annahme.

Meeresforscher aus Deutschland und Kanada konnten jedoch mit Hilfe der Daten des CVOO, sowie mit Satellitendaten und Messbojen im Meer nachweisen, dass auch im tropischen Atlantik anscheinend häufiger sehr sauerstoffarme Bedingungen auftreten. Sauerstoffarmut herrscht in Wirbeln, die sich vor der Küste Westafrikas bilden, eine Fläche etwa halb so groß wie Schleswig-Holstein einnehmen und nach Westen durch den Ozean wandern, bis sie sich irgendwann auflösen. Solch einen Wirbel hatte das CVOO 2010 erstmals erfasst und der Wissenschaft damit viele neue Fragen beschert.

Als Satellitendaten Ende 2013 einen sich neu bildenden Wirbel vor der Küste Mauretaniens zeigten, passte alles zusammen. Das Team schickte dem Wirbel zwei autonome ozeanographische Gleiter entgegen. Im März 2014 begann in der kapverdischen Hafenstadt Mindelo außerdem eine lange geplante Expedition des deutschen Forschungsschiffs METEOR, in deren Programm kurzfristig Untersuchungen im sauerstoffarmen Wirbel aufgenommen wurden.

Biologen und Chemiker des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie Plön beprobten den Wirbel, um mehr über die Prozesse darin zu erfahren. Wie sie jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Biogeosciences darlegen, haben sie Mikroorganismen gefunden, die vorher noch niemand im offenen Atlantik nachgewiesen hatte. „Diese Mikroorganismen sorgen aufgrund ihres Stoffwechsels für Prozesse, die bisher ebenfalls nicht im Atlantik vermutet wurden“, betont die Meeresbiologin Dr. Carolin Löscher vom GEOMAR, Erstautorin der aktuellen Studie. Die Mikroben wandeln im Wasser gelöste Stickstoffverbindungen so um, dass dabei reines Stickstoffgas, aber auch das Treibhausgas Lachgas entsteht. „Bisher wurde der Atlantik kaum als Lachgasquelle beachtet. Wir wissen inzwischen aber, dass die sauerstoffarmen Wirbel häufiger auftreten. Deshalb müssen wir Annahmen zum Lachgasbudget über dem Ozean wohl überdenken“, so Löscher.

Ein Ziel der vom Bundesforschungsministerium geförderten Meeresforschung ist es, die Physik, Chemie und Biologie in unseren Weltmeeren verstehen. Hierfür stellt die Bundesregierung eine der modernsten Forschungsflotten der Welt zur Verfügung.