Wissenschaftsplattform Klimaschutz: Lenkungskreis übergibt erste Stellungnahme zur Klimaverträglichkeit des Corona-Konjunkturpaketes der Bundesregierung

Der mit acht renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern besetzte Lenkungskreis der Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS) hat am 9. Juli 2020 seine Stellungnahme zu klimapolitischen Anforderungen von Konjunkturpaketen in der Corona-Krise an BMBF und BMU übergeben.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen koordinieren die Aufgaben der Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS) im Lenkungskreis. Damit unterstützen sie die Bundesregierung bei der Umsetzung und Weiterentwicklung des Klimaschutzplans 2050 und tragen so zum Erreichen der nationalen, europäischen und internationalen Klimaschutzziele bei.

Mit der Stellungnahme, die den Staatssekretären Wolf-Dieter Lukas (BMBF) und Jochen Flasbarth (BMU) vorgestellt wurde, nimmt die im letzten Jahr gegründete WPKS eine erste wissenschaftliche Bewertung der Konjunkturpolitik in der Corona-Krise vor. Sie initiiert damit den Dialog mit der Regierung und unterstützt die gesellschaftliche Debatte zur Klimapolitik mit wissenschaftlichen Fakten. Das Corona-Konjunkturpaket ist neben dem Klimaschutzprogramm 2030 das vielleicht klimapolitisch bedeutendste Maßnahmenpaket dieser Legislaturperiode; dementsprechend wichtig ist eine Betrachtung der darin angestrebten Maßnahmen mit Blick auf die deutschen und europäischen Klimaschutzziele.

In seiner ersten Bewertung begrüßt der Lenkungskreis, dass der Klimaschutz insgesamt als wichtige Zieldimension im Konjunkturpaket berücksichtigt wurde und insbesondere eine Vielzahl an Maßnahmen im Zukunftspaket diesem Ziel Rechnung trägt. Weniger gut fällt das Fazit für das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket aus, in dem Klimaschutz und Nachhaltigkeit nur punktuelle Kriterien darstellen. Der Lenkungskreis betont, dass die durch das Konjunkturpaket ermöglichten Investitionen aufgrund einer fehlerhaften Anreizstruktur den langfristigen Klimazielen der Bundesregierung entgegenstehen könnten.

Die Autorinnen und Autoren schlagen eine vertiefte Prüfung in drei Schritten vor: Das Konjunkturpaket als Ganzes sollte erstens einem Klima-Schnelltest hinsichtlich seiner Wirkung auf das Ziel des Klimaschutzgesetzes, Treibhausgase um 55 Prozent gegenüber 1990 zu mindern, unterzogen werden. Zweitens sollten alle Einzelmaßnahmen bereits vor ihrer Umsetzung Gegenstand einer Ex-Ante-Evaluierung werden, die die jeweiligen Wirkungen hinsichtlich der Klimaschutzziele untersucht. Drittens ist ein längerfristiges institutionalisiertes Monitoring der Einzelmaßnahmen notwendig.

Der Lenkungskreis betont, dass das Konjunkturpaket ökonomische, sozialpolitische und klimapolitische Ziele gleichermaßen verfolgen muss. Die Verteilungswirkung der Maßnahmen und Partizipationsmöglichkeiten sind entscheidend für die öffentliche Bewertung des Pakets und damit für seine mittel- und langfristige Effektivität. Auch die Wissenschaftsplattform selbst hat sich einen intensiven Austausch mit allen gesellschaftlichen Gruppen auf die Fahne geschrieben.

In den nächsten Monaten wird die Wissenschaftsplattform Klimaschutz den Evaluations- und Diskussionsprozess um die klimapolitische Wirkung des Konjunkturpaketes mit gestalten und Handlungsoptionen für eine ambitionierte nationale Klimapolitik aufzeigen.

Die Wissenschaftsplattform Klimaschutz

Als unabhängiges Beratungsgremium unterstützt die Wissenschaftsplattform Klimaschutz die Bundesregierung bei Umsetzung und Weiterentwicklung der deutschen Langfriststrategie zum Klimaschutz mit wissenschaftlicher Expertise. Ausgewählte natur-, sozial-, rechts-, wirtschafts- und ingenieurwissenschaftliche Forschungseinrichtungen wirken interdisziplinär zusammen und treten in einen regelmäßigen Austausch mit Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik, um zum Erreichen der internationalen, europäischen und nationalen Klimaschutzziele beizutragen.

Gesteuert wird die Plattform durch einen Lenkungskreis, dessen bis zu zehn Mitglieder vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für eine Amtszeit von drei Jahren berufen werden. Die Arbeit der Wissenschaftsplattform wird durch eine Geschäftsstelle unterstützt, die gemeinsam von BMU und BMBF getragen wird und beim DLR Projektträger in Berlin angesiedelt ist.

Mitglieder des Lenkungskreises der Wissenschaftsplattform Klimaschutz

Prof. Dr. Ottmar Edenhofer (Vorsitzender) | Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), Professor für die Ökonomie des Klimawandels an der Technischen Universität Berlin

Prof. Dr. Sabine Schlacke (Vorsitzende) | Professorin für Öffentliches Recht, geschäftsführende Direktorin des Instituts für Umwelt- und Planungsrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Prof. Dr. Timo Busch | Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg

Prof. Dr. Anita Engels | Professorin für Soziologie an der Universität Hamburg

Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka | Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)

Dr. Felix Christian Matthes | Forschungskoordinator Energie und Klimaschutz am Öko-Institut e. V.

Prof. Dr. Karen Pittel | Leiterin des Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen am ifo Institut in München

Prof. Dr. Ortwin Renn | Wissenschaftlicher Direktor am Institut für Transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam