Konferenz in Kiel: Wie können Munitions-Altlasten im Meer beseitigt werden?

Vom 6. bis 10. September findet unter dem Motto “Gefahr und Chance“ die Kiel Munition Clearance Week (KMCW21) statt. Auf der Fachkonferenz mit 150 Expertinnen und Experten aus neun Ländern sollen konkrete Lösungsansätze für die Beseitigung von Munitions-Altlasten in den Meeren aufgezeigt werden.

Am Meeresgrund in Nord- und Ostsee rosten noch über 1,5 Millionen Tonnen vor sich hin. Ihr Sprengstoff gefährdet Schifffahrt, Menschen und Umwelt. Über Fische gelangen krebserregende Substanzen der Munition sogar in unsere Nahrungskette. Um sich die Menge an Munition vor Augen zu führen, stelle man sich einen mit Munition beladenen Güterzug vor. Seine Waggons würden von Paris bis Moskau reichen - eine Strecke von rund 2500 Kilometern.

Mit welchen technischen Mitteln kann diese Menge an Munition schnell, sicher und umweltschonend beseitigt werden? Wer ist verantwortlich? Um diese Fragen zu beantworten, bringt die KMCW21 viele hochrangige Entscheidungsträger und internationale Munitions-Fachleute aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Umweltschutz und Marine zusammen. Dazu gehören unter anderem aus Schleswig-Holstein Ministerpräsident Daniel Günther, Umweltminister Jan Philipp Albrecht sowie Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz; der Maritime Koordinator der Bundesregierung, Norbert Brackmann; der Inspekteur der Deutschen Marine, Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach; der Leiter des Strategic Environmental Research and Development Programm, Dr. David Bradley (USA) und Prof. Katja Matthes, Direktorin des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

„Das GEOMAR forscht bereits seit 2013 an verschiedenen Aspekten zum Thema und wird seine wissenschaftlichen Arbeiten zum Aufspüren von Munition und zur Entwicklung von Lösungen für die Überwachung und Räumung fortsetzen", sagt Matthes. Noch in diesem Jahr werden drei weitere Projekte zum Thema am GEOMAR starten. „Hierbei geht es neben technologischen Entwicklungen zur Sprengstoffdetektion im Wasser und einer KI-unterstützen Einschätzung des Risikos durch individuelle Munitionsobjekte insbesondere um die ökologischen Auswirkungen von Munition im Meer", ergänzt Prof. Jens Greinert vom GEOMAR.

„Unsere Vision ist es, die Weltmeere frei von Munitionsaltlasten bis 2100 zu bekommen", erklärt Jann Wendt, der Initiator und Gründer von AmuCad.org aus Kiel. Die Plattform AmuCad.org organisiert daher gemeinsam mit Partnern aus Schlewsig-Holstein den Kongress mit Vorträgen, Workshops und Ausfahrten, um alle relevanten Akteure zusammenzubringen.

Die Räumung der gesamten Munition allein in deutschen Gewässern erfordert Investitionen in mehrstelliger Milliardenhöhe, wie es die Industrie- und Handelskammer Kiel einschätzt. Demnach werden sich für Schleswig-Holstein auch große wirtschaftliche Chancen ergeben - nicht nur durch den Aufbau der Bergungsinfrastruktur, sondern auch durch den möglichen Export von Technologien und Know-how in Länder, die ähnliche Munitionsprobleme haben. Dazu zählen Großbritannien, Frankreich, Italien, USA, Kanada oder Japan. „Kiel hat als Standort der maritimen Industrie und Meeresforschung die Chance, einen neuen Wirtschaftszweig zu etablieren und Schleswig-Holstein in den internationalen Fokus zu rücken", sagt Friederike Kühn, Präsidentin der IHK Kiel.

Dank des Hybrid-Konzepts der Veranstaltung hat das angesprochene Fachpublikum die Wahl entweder vor Ort teilzunehmen oder der Veranstaltung auch virtuell über eine interaktive Konferenzplattform zu folgen. Die Registrierung zur Teilnahme ist noch über die Webseite der Konferenz möglich. 

Neben der Möglichkeit, ihr Know-how zu präsentieren, bietet die Veranstaltung Unternehmern und Forschungseinrichtungen eine Plattform zur Identifikation potenzieller Kooperationspartner und möglicher Projekte in der Ostseeregion und Europa.

Projekt UDEMM

Im Meer verklappte Munition stellt ein hohes Gefährdungspotenzial für viele Nutzungsbereiche dar, etwa Schiffsverkehr, Offshore-Windkraft oder Erholungsgebiete entlang der Küste. Durch die fortschreitende Korrosion der Munition ist künftig mit einem verstärkten Eintrag von Schadstoffen wie TNT in das Meer zu rechnen. Das vom Bundesministerum für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt UDEMM (2016 bis 2019) hat mögliche Umwelteinflüsse untersucht, die durch Austreten giftiger Substanzen aus der Munition entstehen könnten, und eine bestmögliche Strategie
für eine effektive Überwachung erarbeitet. Eine enge Verzahnung bestand zu dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Verbundprojekt RoBEMM (Robotisches Unterwasser-Bergungs- und Entsorgungsverfahren zur Delaboration von Munition im Meer). Hier ging es vor allem um die Entwicklung von Technologien zur effektiven Vernichtung von Kampfstoffen auf See.