Klimaforschung über den Wolken: Internationale Forschungsinfrastruktur IAGOS geht in den operationellen Betrieb

Wie erhalten wir Klimadaten, um Aussagen zum Klimawandel zu treffen? Es gibt verschiedene Methoden. Seit zehn Jahren fördert das BMBF dafür den Aufbau der Forschungsinfrastruktur IAGOS. Nun geht die entwickelte Messtechnik über zum Betreiberverein.

Das Klima ändert sich – aber wie können wir den Wandel messen? Wie können belastbare Vorhersagen getroffen werden, wie sich das Klima in der Zukunft entwickeln wird? Dazu wurde in den vergangenen Jahren die europäische Forschungsinfrastruktur IAGOS (In-service Aircraft for a Global Observing System) aufgebaut. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte seit 2012 den Aufbau des deutschen Anteils – IAGOS-D – mit rund 19 Millionen Euro. Am nun beendeten Verbundprojekt IAGOS-D beteiligten sich sieben Forschungsinstitutionen: Forschungszentrum Jülich, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Max-Planck-Institut für Chemie, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e.V. (TROPOS), Universität Heidelberg und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Das Ziel von IAGOS: Eine spezielle einheitliche Messtechnik für Linien-Flugzeuge zu entwickeln, diese mit Messgeräten auszustatten und somit regelmäßig umfangreiche Daten aus der Atmosphäre vom Boden bis maximal 13 Kilometer Höhe durch regulär durchgeführte Flüge von internationalen Fluggesellschaften zu gewinnen. Jetzt ist die Entwicklung der Messtechnik abgeschlossen und kommt bereits in acht Flugzeugen zum Einsatz. Zudem wird die Lufthansa im kommenden Jahr einen neuen Langstrecken-Airbus umbauen, um dort das IAGOS-CARIBIC Messlabor integrieren zu können und weltweit weitere Daten für die Klimaforschung zu sammeln. Künftig wird der Betreiberverein IAGOS-AISBL die weitere Koordination der Forschungsinfrastruktur von IAGOS in die Hand nehmen.

Beim offiziellen Übergabetermin am Forschungszentrum Jülich betonte Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung: „Wenn wir den Klimawandel aufhalten wollen, müssen wir ihn noch besser verstehen. IAGOS als erstklassige und einzigartige Forschungsinfrastruktur leistet hierbei einen wichtigen Beitrag. Es vereint in einmaliger Weise Wissenschaft und die kommerzielle Luftfahrt. Linienflugzeuge bringen die Daten aus der Atmosphäre direkt mit auf den Boden. Es sind somit keine zusätzlichen und klimaschädlichen Flüge für die Messungen notwendig. So gewinnen wir weltweit wertvolle Daten für die Klimaforschung, die auch der Verbesserung von Wettervorhersagen dienen. Dieses Wissen bildet die Grundlage für politische Entscheidungen beim Klimaschutz und bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels."

Prof. Andreas Petzold, Koordinator von IAGOS Deutschland am Forschungszentrum Jülich, erklärte: „IAGOS hat sich zu einer Forschungsinfrastruktur von internationalem Rang entwickelt und nimmt einen zentralen Platz im globalen System zur Beobachtung der Atmosphäre ein. Dank der gemeinsamen Arbeit mit nationalen und internationalen Forschungspartnern ist es gelungen, eine erfolgreiche Infrastruktur aufzubauen, die nun in den operationellen, dauerhaften Betrieb übergeht und damit den gelungenen Transfer von der Idee zur Infrastruktur demonstriert. Die Messdaten sind für die Forschung frei und offen zugänglich und werden aktuell von etwa 300 Organisationen weltweit genutzt – und IAGOS hofft natürlich in der Zukunft auf eine noch breitere Forschung mit unseren Daten."

Kontinuierliche Messungen der Atmosphäre – in Fast-Echtzeit

Die IAGOS-Messtechnik ist von der Forschung so entwickelt worden, dass die erhobenen Daten möglichst schnell abgerufen werden können. Dazu ist das System direkt unterhalb des Flugzeugcockpits fest installiert. Eine kurze Verbindung führt von dort zu zwei im Flugzeugrumpf eingebauten Messsonden. Die erfassten Messdaten werden nach jedem Flug automatisch zur zentralen IAGOS-Datenbank und zum Kopernikus-Atmosphärenüberwachungsdienst des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage übermittelt. Die dort gesammelten Daten sind frei zugänglich. Insbesondere unterstützt die Datensammlung Forschende dabei, neue Erkenntnisse über die Entwicklung des Klimas und die sich verändernde Zusammensetzung der Atmosphäre zu gewinnen, langfristige Veränderungen festzustellen und Klimamodelle zu präzisieren. Darüber hinaus werden die Daten weltweit von den verschiedenen Wetterdiensten für Wettervorhersagen genutzt.

Ein weiterer Vorteil der Messungen: Sie dienen Ingenieurinnen und Ingenieuren beim Flugzeugbau die Umgebung, in denen sich die Flugzeuge bewegen, – also die Atmosphäre – besser zu verstehen und können so die Flugzeuge optimieren. Auch hier können die Daten helfen, in Zukunft auch zu einer Verringerung der Klimawirkung des Luftverkehrs beitragen zu können.

Bei der Entwicklung von IAGOS waren neben den Forschungspartnern auch internationale Fluggesellschaften wie zum Beispiel Deutsche Lufthansa, Air France, China Airlines und Hawaiian Airlines involviert.