RESTORE: „Wir müssen eine nachhaltige Strategie zum Erhalt unserer Wälder entwickeln“

Die Wiederaufforstung von Wäldern spielt eine wichtige Rolle, um die Folgen des Klimawandels abzumildern. Immer häufigere, extreme Trockenperioden erschweren diesen Prozess. Das Team vom Verbundvorhaben RESTORE, koordiniert von Prof. Dr. J. Philipp Benz, Professor für Pilz-Biotechnologie in der Holzwissenschaft an der Technischen Universität München, möchte deshalb mit Hilfe von selektierten Bodenmikroorganismen die Trockentoleranz von Baumsämlingen verbessern.

Mit dem Projekt RESTORE möchten Sie mit Bodenmikroorganismen die Trockenheitstoleranz von Baumsetzlingen steigern. Wie gehen Sie genau vor?

Sonja Magosch: Um geeignete Bakterien- und Pilzisolate zu gewinnen, haben wir nach natürlichen Trockenperioden Feinwurzelproben von Buchen und Fichten entnommen. Etwa 1500 Isolate wurden gewonnen, von denen eine repräsentative Auswahl verschiedenen Tests in Reinkultur unterzogen wurde. Untersucht haben wir sowohl die Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenstress als auch die Eigenschaften, die das Pflanzenwachstum fördern. Isolate mit den besten Eigenschaften werden im nächsten Schritt unter streng kontrollierten Bedingungen an Sämlingen getestet. Mikroorganismen, die das Pflanzenwachstum auch unter Trockenstress verbessert haben, werden dann in realistischeren Bedingungen untersucht. Ziel ist es, sie später in Baumschulen einzusetzen und so die Aufforstung der Fichten- und Buchenwälder auf naturbasierte Weise zu unterstützen.

RESTORE ist ein internationales und multidisziplinäres Forschungsvorhaben. Wie und wo arbeiten Sie zusammen?

Karin Pritsch: Am RESTORE-Projekt sind drei Länder beteiligt: Brasilien mit halbimmergrünem Atlantikwald, Frankreich mit mediterranem Eichenwald und Deutschland mit Mischwald der gemäßigten Zone. Ein regelmäßiger Austausch findet in Online-Meetings statt, um ein abgestimmtes Vorgehen zu gewährleisten. Ein erstes Projekttreffen mit allen beteiligten Gruppen und Interessensvertretungen fand bereits in Brasilien statt (in Londrina, Paraná). Wir haben uns zu den ersten Ergebnissen ausgetauscht, wie zum Beispiel zur Entwicklung naturbasierter Trägermaterialien für Pflanzenstärkungsmittel und Mikroorganismen in Brasilien, Methoden zur Analyse von Pilzgemeinschaften in Deutschland, und Großversuchsanordnungen in Frankreich. Darauf aufbauend haben wir gemeinsam die nächsten Projektschritte diskutiert.

Ein wichtiger Aspekt Ihres Projekts ist die Zusammenarbeit mit lokalen Interessensvertretungen. Welche Erfahrungen haben Sie dabei bisher gemacht?

Michael Rothballer: Eine mögliche Herausforderung wird es sein, potenzielle Anwenderinnen und Anwender von der Wirksamkeit und den Vorteilen des Beimpfens mit mikrobiellen Isolaten zu überzeugen und bisherige Prozesse der Kultivierung und Aufforstung zu verändern. Da gilt es, Bedenken hinsichtlich der biologischen Sicherheit der eingesetzten Mikroorganismen sowie der vom brasilianischen Team erprobten Trägermaterialien zu berücksichtigen. Wir sind bislang aber auf großes Interesse und Hilfsbereitschaft seitens verschiedener Baumschulen gestoßen, was zum Beispiel die Bereitstellung von Saatgut und Tipps zur Kultivierung angeht. Wir möchten in engem Austausch die Bedingungen in unseren Versuchen denjenigen in Baumschulen angleichen und somit die Erfolgschancen erhöhen, die Projektergebnisse später in die Praxis zu überführen.

Welche Erwartungen haben Sie nach Abschluss des Projekts?

Philipp Benz: Da es sich bei den eingesetzten Mikroorganismen um natürliche Isolate aus Waldböden handelt und bei den Trägermaterialien um zu 100 Prozent kompostierbare Partikel, sind wir der Ansicht, dass wir auf eine breite Akzeptanz stoßen werden. Wir hoffen, mit unserem Projekt einen Beitrag zur effektiveren Wiederaufforstung von Wäldern insbesondere an Problemstandorten leisten zu können. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels und der zunehmenden Dürreschäden ist es aber sicherlich nicht genug, an einer einzigen Stellschraube zu drehen. Daher wünschen wir uns Engagement zum Schutz unserer Wälder und erwarten, dass auf Basis einer intensiven Forschung eine nachhaltige Strategie zum Erhalt unserer Wälder entwickelt werden kann.

Das Interview wurde geführt mit:
Von links nach rechts: Prof. Dr. J. Philipp Benz (Leiter der Professur für Pilz-Biotechnologie in der Holzwissenschaft, Technische Universität München) Copyright: TUM, Prof. Dr. Karin Pritsch (Wissenschaftlerin, Abteilung Experimentelle Umweltsimulation, Helmholtz Munich und Professur für Land-Surface Atmosphere Interactions, Technische Universität München, zweite von links) Copyright: privat, M.Sc. Sonja Magosch (Doktorandin, Professur für Pilz-Biotechnologie in der Holzwissenschaft, Technische Universität München) Copyright: privat, Dr. Michael Rothballer (Arbeitsgruppenleiter Molekulare Mikrobenökologie, Institut für Netzwerkbiologie, Helmholtz Munich) Copyright: privat

BiodivERsA

BiodivERsA ist ein Netzwerk nationaler Förderorganisationen in der Biodiversitätsforschung. BiodivERsA wurde 2005 als ERA-Net (European Research Area Network) im 6. Forschungsrahmenprogramm der EU initiiert und durch weitere ERA-Nets fortgeführt. Im Jahr 2018 wurde BiodivERsA als übergreifende Dachstruktur gegründet, unter der zurzeit vier ERA-Nets Cofund – BiodivERsA3 (2015), BiodivScen (2017), BiodivClim (2019), BiodivRestore (2020) – parallel verwaltet werden. Die Anzahl der Partner ist stetig angestiegen und beträgt aktuell 39 Institutionen aus 25 Ländern und sechs Überseeterritorien. Das Sekretariat befindet sich in Paris bei der „Fondation pour la Recherche sur la Biodiversité" (FRB). 2016 wurde eine gemeinsame Strategische Forschungs- und Innovationsagenda verabschiedet, deren Umsetzung in regelmäßig aktualisierten Implementierungsplänen konkretisiert wird. Die thematischen Schwerpunkte in BiodivERsA werden durch die Förderorganisationen sowie von Expertinnen und Experten erarbeitet.