Auf der Spur der Wühler am Meeresboden

Wühlende Organismen haben eine große Bedeutung für das Ökosystem am Meeresgrund. Ein internationales Forscherteam hat diese Lebewesen genauer untersucht – mit einer Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Sie hinterlassen überall ihren Spuren im Meeresboden: Das Umpflügen des Sediments gehört zur Hauptbeschäftigung des Schillernden Seeringelwurms, des Gemeinen Herzseeigels, der Islandmuschel und des Schlangensterns. Die kleinen Meeresbewohner sind dennoch kaum zu sehen – da sie sich sehr gut verstecken können.

Mit ihrem großen Aktionsradius sind die genannten Organismen äußerst nützlich für das Leben in den Bodenzonen von Nord- und Ostsee. Sie sorgen dafür, dass die obere Sedimentschicht mit Sauerstoff versorgt wird, was wiederum weitere wichtige Prozesse auslöst. Dadurch verändern sich chemische Verbindungen, bakterielle Aktivitäten werden angestoßen. Zudem beschleunigen die im Meeresboden lebenden Tiere den Abbau der abgesunkenen organischen Stoffe und spielen somit eine ähnliche Rolle wie der Regenwurm in der Humusschicht der Böden auf dem Festland.

Diese sogenannte Bioturbation, die Durchwühlung eines Substrates durch Organismen, ist schon länger in den Blickpunkt der Meeresforschung gerückt. Wegen der vielfältigen Bedeutung für marine Ökosysteme ist es wichtig, eine Beeinträchtigung dieser Organismen durch menschliche Aktivitäten zu vermeiden. Frühere Studien zur Bioturbation hatten jedoch nur einzelne Standorte untersucht.

In einer aktuellen Studie haben die Meeresbiologin Mayya Gogina und ihr Kollege Michael Zettler vom IOW gemeinsam mit einem internationalen Team erstmals eine flächendeckende Analyse hinsichtlich der Bioturbation veröffentlicht und dabei auch regional unterschiedliche Umweltbedingungen betrachtet. Die Forschungsarbeiten fanden im Rahmen unterschiedlicher Projekte statt, unter anderem innerhalb des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts SECOS Synthese.

Das Fazit der Studie: Durch die sich verändernden Rahmenbedingungen gewinnt mal die eine, mal die andere Art der wühlenden Organismen in einem Meeresgebiet die Oberhand. Das Forscherteam hatte dafür Makrofaunadaten aus Seegebieten in der deutschen Ostsee, der deutschen Nordsee, der belgischen Nordsee und dem östlichen Ärmelkanal verglichen. Anhand von Karten zum Bioturbationspotenzial konnten sie für jede Region und jeden Sedimenttyp vorherrschende Schlüsselarten identifizieren und besonders schützenswerte Gebiete aufzeigen. Die Analyse ermöglicht es zudem, regionale Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Makrofauna  darzustellen. „Wir sehen anhand dieser Analysen sehr deutlich, dass es wichtig ist, Erhaltungs- und Management-Strategien spezifisch für jedes Seegebiet zu entwickeln“, erklärt Mayya Gogina. Die wühlenden Organismen seien von biotischen und abiotischen Umweltfaktoren abhängig. Jetzt müssten Hotspots von Ökosystemfunktionen identifiziert werden, die es zu schützen gilt.