Bestand als Chance für bezahlbares und nachhaltiges Wohnen – Fachforum von „Bauen & Wohnen“ auf dem 18. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik

Das von acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, koordinierte und vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geförderte Projekt „Bauen & Wohnen: Plattform für Vernetzung, Synthese und Transfer“ war mit dem Fachforum „Bestand als Chance!“ auf dem 18. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik vertreten. Hier wurden erste Ergebnisse der Arbeitsgruppen präsentiert, gefolgt von einer lebhaften Plenumsdiskussion mit rund 140 Teilnehmenden.

Die Hansestadt Rostock war Mitte September Gastgeber für das wichtigste Forum der Stadtentwicklungspolitik in Deutschland, das in diesem Jahr 1.000 Teilnehmende zählte. Zum 18. Mal kamen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Verbänden zusammen. Ausgetragen wird der Kongress von den Partnern der Nationalen Stadtentwicklungspolitik – der Bauministerkonferenz der Länder, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund sowie dem Bundesbauministerium. Die zentrale Frage lautete: Wie gestalten wir soziale, grüne und produktive Quartiere, die den Herausforderungen der Zukunft standhalten?

Das von acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, koordinierte und vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geförderte Projekt „Bauen & Wohnen: Plattform für Vernetzung, Synthese und Transfer“ war mit dem Fachforum „Bestand als Chance!“ auf dem 18. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik vertreten. Hier wurden erste Ergebnisse der Arbeitsgruppen präsentiert, gefolgt von einer lebhaften Plenumsdiskussion mit rund 140 Teilnehmenden.

Der wissenschaftliche Projektleiter und acatech Präsidiumsmitglied Prof. Ortwin Renn gab zunächst einen Überblick über das Projekt „Bauen & Wohnen: Plattform für Vernetzung, Synthese und Transfer“, dessen Ziel es ist, Lösungen für mehr bezahlbaren Wohnraum im Bestand im städtischen Raum zu entwickeln. Dabei betonte er: „Im Gebäudebestand ist sehr viel möglich, um innovativ zu sein. Innovativ im Sinne von Nutzung, Aufstockung und Umbau, aber auch im Sinne von Flexibilität, um tatsächlich mehr Wohnraum für mehr Menschen zu schaffen.“ Welche Hürden bestehen und welche Optionen es gibt, diese zu beseitigten präsentierten die Co-Leitungen der Arbeitsgruppen.

Mit Blick auf die Quartiersebene stellte Prof. Dr.-Ing. Agnes Förster vom Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung an der RWTH Aachen, Co-Leiterin der Arbeitsgruppe „Stadt- und Quartiersplanung“ heraus, dass Lösungsideen immer quartiersspezifisch betrachtet werden müssen. Potenziale im Gebäudebestand unterscheiden sich je nach Quartierstyp. So müsse differenziert werden zwischen dicht gemischten Quartieren, Mischgebieten und Übergangszonen, suburbanem Raum oder Großwohnsiedlungen. Bezahlbarkeit, so machte sie deutlich, sei kein starres Ziel, sondern ein Spannungsfeld zwischen den Bedürfnissen von Nutzenden und Investierenden, zwischen individueller und gesellschaftlicher Perspektive, zwischen heute und übermorgen.

Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter vom Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion an der TU München, Co-Leiter der Arbeitsgruppe „Baustoffe, Konstruktion und Energie“, zeigte auf, wie die Aktivierung des Bestands auf der Gebäudeebene gelingen kann. Aufstockungen, Anbauten und Umnutzungen eröffnen Potenziale für zusätzlichen Wohnraum. Erforderlich seien Kosteneinsparungen und Effizienz sowie Planungs- und Rechtssicherheit, um Bestand zu erhalten und eine Umbaukultur zu fördern.

Wie bezahlbarer, klima- und ressourcenschonender Wohnraum im städtischen Bestand geschaffen werden kann, zeigt das deutschlandweite Reallabor-Mapping, das im acatech Projekt in wissenschaftlicher Begleitung vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt wurde. Das Mapping, vorgestellt von der Leiterin der Geschäftsstelle „Bauen & Wohnen“ Stefanie Bucher, visualisiert laufende und abgeschlossene Reallabore und Best Practices im Themenfeld Bauen & Wohnen. Es richtet sich an Fachleute aus der Wissenschaft, aus der Verwaltung auf allen politischen Ebenen, aus der Wirtschaft sowie an zivilgesellschaftliche Unternehmen und Initiativen und bietet eine Grundlage für Wissenstransfer und die Entwicklung eigener Projekte in der Kommune.

Über Mentimeter konnten die Teilnehmenden Erfahrungen zu ihren Herausforderungen bei ihrer letzten Wohnungssuche einbringen. Angebot, Preis, Lage, Bezahlbarkeit, Verfügbarkeit – das waren die zentralen Antworten. Damit drehte sich viel um den Preis in verschiedenen Facetten. Auf die Frage, auf welche Ausstattung man in einem Mehrgeschossgebäude nicht verzichten wollen würde, landete der Balkon an erster Stelle. Dahinter folgten Schallschutz und Aufzug, noch mit deutlichem Abstand vor automatisierten Lüftungsanlagen und elektrischen Rollläden.

In der abschließenden Plenumsdiskussion wurden vom Publikum die großen Zukunftsfragen angesprochen. Wie gelingt Barrierefreiheit im Bestand? Prof. Stefan Winter machte deutlich, dass zwar nicht jedes Gebäude vollständig angepasst werden kann, aber durch Veränderungen im Wohnungsmix sowie durch quartiersnahe Alternativen sind Lösungen möglich. Auch das Thema Boden spielte eine zentrale Rolle in der Diskussion. Prof. Ortwin Renn verwies darauf, dass Boden naturgemäß knapp bleibt und auf Preise nur über Instrumente wie Verdichtung, steuerliche Rückflüsse oder Nutzungsrechte Einfluss genommen werden kann. Weitere Debatten drehten sich um Brandschutz bei Nachverdichtung, pragmatische Lösungen für Bauaufsichtsbehörden und den Umgang mit Wohnungsgenossenschaften sowie Eigentümergesellschaften. Deutlich wurde: Es braucht mehr Klarheit, Weiterbildung und handhabbare Konzepte. Ein starkes Plädoyer kam schließlich für die soziale Dimension der Stadtentwicklung. Prof. Agnes Förster warnte davor, die sozialen, gesundheitlichen und demografischen Herausforderungen im Bestand zu unterschätzen.

Fazit: Der Bundeskongress in Rostock hat verdeutlicht, dass der Bestand ein zentrales Handlungsfeld bleibt – mit vielfältigen Herausforderungen, aber ebenso großen Chancen für die Stadtentwicklung.

Mehr zum Projekt „Bauen & Wohnen“ gibt es unter www.plattform-bauen-und-wohnen.de.