Digitale Umwelttechnologien: Großes Potenzial für positive Nachhaltigkeitseffekte

Wie können digitale Umwelttechnologien zu einer nachhaltigeren, ressourceneffizienteren und klimafreundlicheren Gesellschaft beitragen? Die Projekte zur BMBF-Fördermaßnahme „Digital GreenTech“ (DGT) stellten die Ergebnisse ihrer zweijährigen Forschungsaktivitäten vor.

„Wir wollen die Potenziale der Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit nutzen." Das betonte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Mario Brandenburg in seinem Video-Grußwort zur Eröffnung der Digital GreenTech Konferenz in Karlsruhe. „Digitale Innovationen können ressourcenintensive Prozesse schneller, smarter und effizienter machen."

Unter dem Motto „Daten.Umwelt.Technik" kamen am 17. und 18. Oktober 2023 rund 120 Beteiligte aus Forschung, Politik, Praxis und Zivilgesellschaft in Karlsruhe zusammen. 13 Verbundprojekte der BMBF-Fördermaßnahme „Digital GreenTech – Umwelttechnik trifft Digitalisierung" stellten ihre neuen digitalen Ansätze für die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft, eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Gestaltung eines smarten Stadt- und Landmanagements vor.

So konnte das Verbundprojekt DiRecLIB wichtige Fortschritte bei der Entwicklung eines kontinuierlichen, digital gestützten Prozesses zum direkten Recycling industrierelevanter Aktivmaterialien aus Lithium-Ionen-Batterien erzielen. Die Forschenden haben virtuelle Modelle – sogenannte digitale Zwillinge – der Prozessschritte entwickelt und für erste Materialien etabliert. Diese bilden die Basis für eine Regelungsstrategie für die Gesamtanlage.

In ForestCare haben die Beteiligten Drohnendaten für die Früherkennung von Schäden, insbesondere an Nadelbäumen, eingesetzt. Mithilfe einer KI-gestützten Analyse der Aufnahmen sollen sich Nadelverlust und Borkenkäferbefall zukünftig bereits im Frühstadium erkennen lassen. Ein weiteres Ergebnis ist die Entwicklung einer drohnengestützten elektronische Nase (E-Nose), die einen Borkenkäferbefall anhand von baumspezifischen chemischen Botenstoffen erkennt.

Um die mit den digitalen Technologien verbundenen Nachhaltigkeitseffekte benennen zu können, haben die DGT-Projekte entsprechende Analysen durchgeführt. Im Projekt KIKI beispielsweise, das KI eingesetzt hat, um den Inspektionsprozess von Kanalisationsnetzen zu optimieren, lässt sich der CO2-Fußabdruck durch Einsparung von Baumaterialien verringern. Denn mit der KI können kleinere Schäden frühzeitig erkannt und repariert und somit eine wesentlich materialintensivere Kanalerneuerung vermieden werden. Dabei sind die Einsparpotenziale bei Baumaterialien wie Beton so groß, dass sie bei Weitem die Treibhausgasemissionen der eingesetzten digitalen Technologien kompensieren. Außerdem sind mit einem KI-basierten Kanalinstandhaltungsmanagement weitere positive Nachhaltigkeitseffekte verbunden: etwa beim Grundwasserschutz durch das frühzeitige Erkennen der Versickerung von ungeklärtem Abwasser aus den Abwasserkanälen sowie in Form von geringeren Kosten für die Abwasserbehandlung.

In der Gesamtschau der Nachhaltigkeitsanalysen der betrachteten Forschungsvorhaben zeigte sich, dass in fast allen Fällen durch die digitalen Neuentwicklungen Nachhaltigkeitsgewinne in Form von Netto-Treibhausgasreduktionen zu erwarten sind; deren Größenordnungen variieren jedoch stark. Besonders große Potenziale bergen insbesondere Digitaltechnologien, die einen geringeren Einsatz CO2-intensiver Materialien und Betriebsstoffe (z. B. Beton oder Aktivkohle) oder schlankere industrielle Prozesse (z. B. beim Recycling von Lithium-Ionen-Batterien) ermöglichen.

In Bezug auf die CO2-Reduktionsziele für Deutschland wird deutlich, dass die in den Nachhaltigkeitsanalysen betrachteten Digitaltechnologien jeweils nur einen Beitrag maximal im Promillebereich leisten können. Dennoch, so betonten die Beteiligten einer Podiumsdiskussion auf der DGT-Konferenz, sei jeder Beitrag in diesem Zusammenhang wertvoll und unverzichtbar – insbesondere dann, wenn durch die Neuentwicklung weitere Nachhaltigkeitsgewinne entstehen können, beispielsweise durch verringerte Chemikalieneinsätze oder einen besseren Schutz von Ökosystemen.

Prof. Dr. Kora Kristof, Vizepräsidentin Digitalisierung und Nachhaltigkeit am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), unterstrich darüber hinaus in ihrer Keynote die Bedeutung einer parallelen Transformation bei Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Beides müsse zusammen gedacht und umgesetzt werden, um die damit verbundenen Potenziale optimal zu realisieren.

Neben der Vorstellung der Projektergebnisse des ersten Stichtags gaben Beteiligte aus den neuen Projekten der zweiten Digital GreenTech-Förderrunde auf der Konferenz erste Einblicke in ihre Forschungsvorhaben und Ideen. Zu den im September 2023 gestarteten 14 neuen Projekten gehört beispielsweise DigiWaVe. Hier geht es um die Entwicklung digitaler Lösungen, die den Einsatz von recyceltem Wasser auf städtischen Grünflächen unterstützen. Das SoRec-Projekt widmet sich der Digitalisierung von Sortierprozessen für feinkörnige, metallhaltige Stoffströme in der Recyclingindustrie. Einen Beitrag zum Gewässerschutz in der Landwirtschaft will das Verbundvorhaben LALWeco durch den Einsatz autonomer Agrarroboter leisten. Sie sollen Unkraut in Gemüsebeeten schon in frühen Wachstumsstadien automatisch erkennen und mit Lasern ohne Pestizideinsatz entfernen.

Über fach- und themenspezifische Problemstellungen hinaus bietet die Digitalisierung – allen voran die Methoden der künstlichen Intelligenz – neue Möglichkeiten, stellt die Beteiligten aber auch vor ähnliche Herausforderungen. Um den interdisziplinären Austausch zu fördern, waren außer den Projekten beider Stichtage auch Beteiligte anderer Förderprojekte des BMBF aus dem Bereich Digitalisierung für Nachhaltigkeit auf der Konferenz in Karlsruhe vertreten. Es lohne sich, voneinander zu lernen und verschiedene Communities über Forschungsaktivitäten miteinander zu vernetzen, um Entwicklungen voranzutreiben, so das Fazit am Ende der Veranstaltung.

Das BMBF fördert mit der Maßnahme Digital GreenTech seit 2020 in bislang zwei Stichtagen die Entwicklung von digitalen Technologien, die zur Schonung der natürlichen Ressourcen und zur Verringerung von Umweltbelastungen beitragen. Digital GreenTech ist Teil der Strategie Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA) und des Aktionsplans Natürlich.Digital.Nachhaltig.