Expedition im Südatlantik: Auf den Spuren von Unterwasservulkanen

Die Entstehung von Vulkanketten im Ozean stand im Mittelpunkt einer vom BMBF geförderten Expedition mit dem Rostocker Forschungsschiff MARIA S. MERIAN. Unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel untersuchten Forschende einen Hotspot für Vulkanismus im Südatlantik. Ihre Ergebnisse beschreiben die Forschenden jetzt in der Fachzeitschrift Nature Communications.

Der Ozean beherbergt mehr als 25 Millionen Vulkane. Besonders markant sind Vulkanketten, die sich linienförmig über den Ozean erstrecken und an Inseln wie Hawaii enden. Der Vulkanismus entsteht durch die Bewegung einer tektonischen Platte über einen relativ stationären „Hotspot“ im darunter liegenden Erdmantel, an dem heißes Material aufsteigt. Über dem Hotspot entsteht hierdurch ein Vulkan, der als Teil der tektonischen Platte weiter transportiert wird. Der Vulkanismus wird dadurch schließlich von seiner Quelle abgeschnitten und versiegt, und ein neuer Vulkan entsteht über dem Hotspot. Dieser kontinuierliche Prozess kann sich über mehr als 100 Millionen Jahre wiederholen.

Dies hat im Südatlantik zur Bildung einer mehr als 3000 Kilometer langen Vulkankette geführt hat – der Tristan-Gough-Walvis-Vulkankette mit den vulkanisch aktiven Inseln Tristan da Cunha und Gough an ihrem südwestlichen Ende und immer älter werdenden Vulkanen in nordöstlicher Richtung. Allgemein ist ein Hotspot die oberflächliche Struktur eines Mantel-Plumes. Dabei handelt es sich um kanal-ähnliche Strukturen, in denen heißes Mantel-Material aus einer Tiefe von bis zu 2800 Kilometern im Erdinneren an die Erdoberfläche aufsteigt. Weil die Lava an Hotspots eine andere geochemische Zusammensetzung hat als etwa die vulkanischen Gesteine der Mittelozeanischen Rücken, deren Schmelzen aus dem oberen Erdmantel stammen, können ihre Spuren über tausende Kilometer verfolgt werden.

Zur Untersuchung des Hotspot-Vulkanismus sammelte ein Forschungsteam unter Leitung des  GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel im Jahr 2019 auf der Expedition MSM 82 mit dem Rostocker Forschungsschiff MARIA S. MERIAN Gesteine von einem bis dahin kaum beprobten Areal der Tristan-Gough-Walvis-Kette. Diese Spur von Hotspots ist eine der wenigen weltweit, die mit einem starken vulkanischen Lavafluss begann. Dieser bildete vor etwa 135 Millionen Jahren zunächst Flutbasaltprovinzen in Brasilien und Namibia und entwickelte anschließend eine äußerst komplexe Vulkankette am Boden des Südatlantiks.

Nach dem klassischen Hotspot-Modell kann der im Erdmantel aufsteigende Mantel-Plume zunächst als Pilz betrachtet werden. Bei Erreichen der Lithosphäre breitet sich der Kopf des Plumes entlang der Basis der Lithosphäre aus – was den Hut des „Pilzes“ bildet – und erzeugt Schmelzen über ein großes Gebiet von bis zu 2000 Kilometern Durchmesser, die als Flutbasaltprovinzen bekannt sind. Nach einigen Millionen Jahren breitet sich der Plumekopf aus, und über dem Stiel des Pilzes bildet sich eine altersmäßig fortschreitende Vulkankette, die sich in die der Plattenbewegung entgegengesetzte Richtung verjüngt. Die Tristan-Gough Vulkankette ist an ihrem jüngeren Ende jedoch mehr als 400 Kilometer breit – was nicht mit der klassischen Vorstellung von Mantel-Plumes erklärt werden kann.

„Mit Blick auf unsere geochemischen Daten in Kombination mit plattentektonischen Rekonstruktionen scheint sich der Tristan-Gough Plume kurz nach dem Plumekopf-Stadium in mindestens zwei Arme im oberen Erdmantel aufgespalten zu haben, was die ungewöhnlich Breite der Vulkankette erklären kann“ erläutert Dr. Stephan Homrighausen vom GEOMAR, Erstautor der aktuellen Studie.

„Die zeitliche und räumliche Entstehung dieser Vulkanketten hat eine erhebliche globale Bedeutung, da sie einerseits polymetallische Lagerstätten bilden und andererseits auch das globale Klima durch die Veränderung der Ozeanzirkulation und ihre Eruptionsprodukte beeinflussen können“ ergänzt Dr. Jörg Geldmacher vom GEOMAR und Co-Autor der aktuellen Studie. „Insbesondere die großen Flutbasaltprovinzen werden mit den globalen Massenaussterben der Erdgeschichte in Zusammenhang gebracht“.

Original-Publikation:

Homrighausen, S., Hoernle, K., Hauff, F. et al. (2023): Evidence for compositionally distinct upper mantle plumelets since the early history of the Tristan-Gough hotspot. Nature Communications, doi: https://doi.org/10.1038/s41467-023-39585-0