Förderung der Begleitforschung zur Modellregion Bioökonomie im Rheinischen Revier

Richtlinie zur Förderung der Begleitforschung zur Modellregion Bioökonomie im Rheinischen Revier, Bundesanzeiger vom 23.02.2021

Vom 8. Februar 2021

1 Förderziel, Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen

1.1 Förderziel und Zuwendungszweck
Die im Januar 2020 erschienene „Nationale Bioökonomiestrategie" beschreibt die Bioökonomie als wesentlichen Beitrag zum Erreichen der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030. Die Bioökonomie strebt nach der Nutzung biologischen Wissens zur Entwicklung umwelt- und naturschonender Produktionsverfahren in allen Wirtschaftsbereichen und zielt auf eine nachhaltige Erschließung und Nutzung biologischer Ressourcen. Sie steht für eine klimaschonende Wirtschaftsweise und für das Erreichen der im Übereinkommen von Paris vereinbarten Klimaschutzziele. Zugleich ist die Bioökonomie ein entscheidender Faktor für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Die Leitlinien der Nationalen Bioökonomiestrategie sind: Mit biologischem Wissen und verantwortungsvollen Innovationen zu einer nachhaltigen, klimaneutralen Entwicklung; und: Mit biogenen Rohstoffen zu einer nachhaltigen, kreislauforientierten Wirtschaft.

Ihre Ziele teilt die Bioökonomie unter anderem mit dem „Europäischen Green Deal" und dessen Aktionsplan zur Förderung einer effizienteren Ressourcennutzung durch den Übergang zu einer sauberen und kreislauforientierten Wirtschaft und zur Wiederherstellung der Biodiversität und zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung.

Auf nationaler Ebene wurde mit dem Kohleausstiegsgesetz vom August 2020 und dem damit umfassten „Kohleverstromungsbeendigungsgesetz" (KVBG) ein wichtiger Schritt innerhalb der Energiewende und hin zu einem klimaneutralen Wirtschaften vollzogen. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung wird komplementiert durch das „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen", das den erforderlichen Strukturwandel in den vom Ausstieg aus der Kohleverstromung besonders betroffenen Regionen unterstützt. Es fördert nicht nur alternative Energiequellen, sondern den Umbau treibhausgasintensiver und den Aufbau neuer, besonders klimaeffizienter Industrien. Hierzu ermöglicht es Investitionen in nachhaltige industrielle Produktionsweisen und zukunftsgerichtete Arbeitsplätze. Eine der im Gesetz konkret genannten Maßnahmen ist der Aufbau einer „Modellregion Bioökonomie" im Rheinischen Revier (§ 17 Nummer 12). Diese trägt zur im Leitbild für das Rheinische Zukunftsrevier genannten Entwicklung einer Modellregion für geschlossene Stoffkreisläufe und Kreislaufwirtschaft bei, die neue Wertschöpfungen im Bereich der Bioökonomie etabliert (Anlage 3 des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen).

Die Bioökonomie eignet sich in besonderer Weise, um die übergreifenden Ziele des Kohleausstiegsgesetzes bzw. des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen zu erreichen. Das Rheinische Revier bringt wichtige Voraussetzungen mit, um eine Modellregion Bioökonomie aufzubauen. Dazu gehört ein Netzwerk einschlägiger Forschungseinrichtungen, die sich im Bioeconomy Science Center zusammengeschlossen haben, industrielle Akteure in verschiedenen bio-ökonomischen Wertschöpfungsketten und die Verfügbarkeit biogener Ressourcen in einer traditionellen Agrarlandschaft, sowie eine dem notwendig werdenden Strukturwandel positiv gegenüberstehende Gesellschaft und Kommunal- bzw. Landespolitik.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert im Rahmen der Nationalen Bioökonomiestrategie sowie des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen eine breite Vielfalt von vielversprechenden Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsvorhaben (FuEuI) aus dem Bereich der Bioökonomie im Rheinischen Revier. Das Ziel, der Aufbau einer Modellregion Bioökonomie, geht jedoch darüber hinaus. Ziel der vorliegenden Förderrichtlinie ist es, die Entwicklung der Modellregion Bioökonomie insgesamt sowie insbesondere das Zusammenspiel und die Hürden bei der Anwendung neuen Wissens kontinuierlich zu verfolgen, zu analysieren und die gesammelten Erfahrungen für andere Regionen und Anwendungskontexte zur Verfügung zu stellen. Die begleitende Forschung ist ein wichtiger Beitrag zur konkreten Ausgestaltung von Innovationen im Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure im Kontext des Strukturwandels zu einer nachhaltigeren Wirtschafts- und Lebensweise.
Zu diesem Zweck wird ein Verbund gefördert, der Fragen beantwortet und Aspekte bearbeitet und erforscht, die für den Erfolg der Modellregion Bioökonomie von besonderer Bedeutung sind. Der geförderte Verbund soll Ergebnisse aus den FuEuI-Projekten in der Modellregion Bioökonomie aufgreifen und deren Wirkung auf den Strukturwandel untersuchen. Die Ergebnisse der Förderung sollen dabei auch Impulse für andere Regionen mit ähnlicher Ausrichtung als auch für das Feld der Bioökonomie insgesamt liefern:

• Welche konkreten Fortschritte erzielt die Modellregion mit Blick auf grundlegende wirtschaftliche Kennzahlen für den Strukturwandel (beispielsweise Wertschöpfung, Arbeitsplätze, Unternehmensgründungen oder -ansiedlungen)?
• Welche konkreten Beiträge leistet die Modellregion Bioökonomie zum Strukturwandel im Rheinischen Revier? Wie wirkt sie dabei mit anderen Initiativen zur Förderung des Strukturwandels zusammen? Und welche Erfahrungen erweisen sich als modellhaft für andere Regionen? Zur fundierten Beantwortung der Fragen sollte ein entsprechend ausgearbeiteter Analyserahmen, beispielsweise aus dem Bereich der Transitionsforschung oder der Mehrebenenanalyse, genutzt werden.
• Zur vollen Entfaltung der Potenziale der Bioökonomie müssen Forschung und Entwicklung (FuE) durch ständig fortgeschriebene Anwendungsszenarien ergänzt werden. Szenarien helfen beim Erkennen von Umsetzungspotenzialen und bei der konkreten Ausgestaltung von Innovationen.
• Damit aus unterschiedlichen Innovationen eine Modellregion wird, ist das Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure besonders wichtig. Der Verbund sollte eine aktive Rolle bei der Verbreitung und Vermittlung von Wissen übernehmen. Unter anderem sollte er regelmäßige Statuskonferenzen organisieren, um die relevanten Akteure zusammenzubringen und über den Stand unterschiedlicher Innovationen berichten zu lassen.
• Neben den Innovationsakteuren in der Region stellt auch das Zusammenspiel unterschiedlicher politischer Ebenen (Kommunen, Länder, Bund, Europäische Union) einen wichtigen Erfolgsfaktor dar. Welche Erfahrungen lassen sich aus dem Aufbau der Modellregion Bioökonomie gewinnen, die für andere Regionen nutzbar wären?
• In einem Zeitalter globaler Wertschöpfungsketten ist eine Modellregion auf eine lebendige Vernetzung über die Region hinaus angewiesen. Der Verbund sollte zur nationalen und internationalen Vernetzung der Modellregion mit anderen Regionen beitragen und internationale Erfahrungen für die Modellregion Bioökonomie im Rheinischen Revier nutzbar machen.
• Um nachverfolgen zu können, ob und in welcher Weise die bioökonomischen Innovationen zu den übergreifenden Nachhaltigkeits-, Klimaschutz- und Kreislaufzielen der Nationalen Bioökonomiestrategie beitragen, sollte eine fortlaufende begleitende Analyse von Nachhaltigkeitsaspekten stattfinden. Dies schließt auch vergleichende Analysen mit anderen Regionen oder Technologiepfaden ein, um die nachhaltigsten Lösungen für die Modellregion herauszustellen. Dabei sollen u. a. auch Nachhaltigkeitseffekte entlang gesamter Stoffströme und Wertschöpfungsketten, etwa von der Erzeugung biogener Ressourcen bis hin zur Entsorgung oder Kreislaufführung, berücksichtigt werden.
• Als eigenständigen Beitrag zum Erfolg der Modellregion sollte der Verbund innovative Formate der Kommunikation und Partizipation in der Region entwickeln und zugleich deren Wirksamkeit mit Blick auf das Wissen über und die Akzeptanz von innovativen bioökonomischen Lösungen erheben und auswerten. Hierunter fällt auch die besondere Ansprache von Unternehmen und Start-Ups, die sich mit einer Gründung oder Ansiedlung im Rheinischen Revier auseinandersetzen.
• Auf Basis der fortlaufenden begleitenden Forschung zu den vielfältigen Vorhaben der Modellregion soll nach drei Jahren (2024) ein zusammenfassender Statusbericht vorgelegt werden, der eine Evaluation der bisherigen erzielten Ergebnisse der Modellregion und Empfehlungen zu deren Weiterentwicklung enthält.
Um die genannten Fragen und Aspekte bearbeiten zu können, sollen die Partner des zu fördernden Verbundes an den regelmäßigen Projekttreffen der im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen geförderten FuEuI-Vorhaben der Modellregion Bioökonomie teilnehmen.