Förderung einer Konsolidierungsphase (erweiterte Pilotphase) zum Aufbau eines Monitorings der Bioökonomie

Richtlinie zur Förderung einer Konsolidierungsphase (erweiterte Pilotphase) zum Aufbau eines Monitorings der Bioökonomie (Modul IV im Rahmen des Konzepts „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“), Bundesanzeiger

vom 04.12.2020

1 Förderziel, Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Förderziel und Zuwendungszweck

Seit dem Jahr 2010 fördert die Bundesregierung den Aufbau einer nachhaltig ausgerichteten Bioökonomie, die biologische Ressourcen, Prozesse und Systeme erzeugt, erschließt und nutzt, um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems bereitzustellen. Mit der im Januar 2020 verabschiedeten neuen Nationalen Bioökonomiestrategie wurde diese Ausrichtung durch den Bezug auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) der UN-Agenda 2030 noch einmal verstärkt: „Der Maßstab für den Nutzen und den Mehrwert biobasierter Produkte und Verfahren ist deren Beitrag zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaftsweise".

Um beurteilen zu können, ob und in welchen Bereichen sich die Bioökonomie in die angestrebte Richtung entwickelt, ist der Aufbau eines umfassenden Monitorings, das den Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigen, biobasierten, an natürlichen Kreisläufen orientierten Wirtschaftsweise beobachtet, misst und bewertbar macht, Teil der Umsetzung der Bioökonomiestrategie. Der Aufbau des Monitorings hat im Jahr 2016 mit einer ersten Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie parallelen Initiativen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) begonnen. Im Juni 2020 hat das geförderte Konsortium SYMOBIO einen ersten gemeinsamen Pilotbericht zum Monitoring der Bioökonomie vorgelegt.

Mit der aktuellen Förderrichtlinie soll das forschungsbasierte Monitoring der Bioökonomie in Form einer erweiterten Pilotphase fortgesetzt und weiterentwickelt werden. Angesichts des Fortschritts in der Anwendung biologischen Wissens, der Veränderungen in der globalen Nutzung biogener Ressourcen, aber auch der Folgen des Klimawandels und weiterer Einflüsse war das Monitoring von Anfang an als lernendes Monitoring angelegt. Auf der Basis des mit dem Pilotbericht erreichten Zwischenstandes und einer ersten Zwischenbilanz gilt es nun, weitere Aspekte der Bioökonomie zu berücksichtigen, die Datenbasis zu konsolidieren und zu erweitern, weitere Differenzierungen, unter anderem räumlich sowie nach Stoffströmen und Produktgruppen, vorzunehmen und Verknüpfungen zu anderen Monitoringansätzen, etwa im Bereich Biodiversität und Klimawandel, auszubauen.

Zuwendungszweck ist die Förderung eines Konsortiums, das die methodischen Grundlagen für ein umfassendes Monitoring der Bioökonomie auf Basis der bisher geleisteten Arbeiten weiterentwickelt und um zusätzliche Aspekte erweitert.

Erreichter Stand

In der ersten Pilotphase des Monitorings arbeiteten drei komplementäre Stränge parallel. Sie befassten sich mit

  1. der Ressourcenbasis und Nachhaltigkeit, einschließlich eines Reststoffmonitorings (beide im Auftrag des BMEL);
  2. der Ermittlung wirtschaftlicher Kennzahlen und Indikatoren (im Auftrag des BMWi); sowie
  3. dem systemischen Monitoring und der Modellierung der Bioökonomie (gefördert vom BMBF).

Der im Juni 2020 erschienene gemeinsame Pilotbericht richtet sich an eine interessierte Öffentlichkeit und dokumentiert zentrale Befunde. Darstellungen der methodischen Grundlagen und detaillierte Daten finden sich in den Publikationen, die auf den genannten Internetseiten der jeweiligen Projekte zu finden sind.

Insbesondere wurden die Auswahl und Wichtung der Indikatoren des übergreifenden Monitoring-Modells mit Bezug auf die SDGs durchgeführt und als Prozess dokumentiert. Auch die Herleitung des Indikatorensystems zur Nachhaltigkeitsbewertung wurde publiziert.

Erwartungen an die Weiterentwicklung

Aus der kontinuierlichen Fachdiskussion, den Rückmeldungen im Rahmen der bisher abgehaltenen zwei Statuskonferenzen sowie der ständigen Weiterentwicklung der Bioökonomie ergeben sich die folgenden Erwartungen an die methodische und empirische Weiterentwicklung des Monitorings. Die Liste ist nicht abschließend zu verstehen, und die konzeptionelle Verantwortung für die weitere Ausgestaltung des Monitorings liegt bei dem zu fördernden wissenschaftlichen Konsortium.

  • Das Monitoring sollte fortlaufend aussagekräftige und aktuelle Daten zur Entwicklung und zum Stand der relevanten Aspekte der Bioökonomie liefern. Zugleich sollte es Treiber von Veränderungen sichtbar machen, die sich aus Dynamiken in anderen für die Bioökonomie relevanten Bereichen ergeben.
  • Das Modell der Fußabdrücke für Landnutzung (Agrar, Forst), Material, Wasser und Klimawirkungen ist methodisch fortzuführen und weiterzuentwickeln, zusätzlich räumlich und produktbezogen zu differenzieren (Disaggregation), um noch exaktere Aussagen und Vergleiche zu ermöglichen, und seine Datenbasis ist zu konsolidieren.
  • Gefördert werden auch vergleichende Nachhaltigkeitsanalysen, die die Effekte der Bioökonomie in Relation zu konventionellen (fossilen bzw. mineralischen) oder alternativen Wertschöpfungsketten messen. Dabei kann auch die unterschiedliche Speicherdauer von Kohlenstoff in verschiedenen biobasierten Produkten und ihr Einfluss auf deren jeweilige Klimabilanz berücksichtigt werden.
  • Die aggregierten Fußabdrücke sollten um Lebenszyklusanalysen zu relevanten Produkten und Produktgruppen ergänzt werden. Hierzu gehört auch die Weiterentwicklung von Bilanzierungsverfahren, beispielsweise um Nettoeffekte durch die Verdrängung anderer Produkte und Verfahren berücksichtigen zu können. Fußabdrücke und ­Lebenszyklusanalysen sollten als komplementäre Ansätze verstanden werden.
  • Weitere Aspekte und Effekte der Bioökonomie sollten Berücksichtigung finden, etwa hinsichtlich der Biodiversität. Hierfür sind konzeptionelle Anknüpfungspunkte und Synergien mit bestehenden oder in Entwicklung befindlichen Ansätzen des Biodiversitätsmonitorings zu entwickeln.
  • Eine Kopplung der Modellierung der Bioökonomie mit anderen Modellfamilien, insbesondere aus der Klimamodellierung, sollte geprüft werden. Dazu können auch thermodynamische Modelle für ein besseres Verständnis der Energie- und Kohlenstoffspeicherung durch Photosynthese im Kontext einer globalen Klima- und Kohlenstoffmodellierung gehören.
  • Die Nutzung von Fernerkundungsdaten zum Monitoring der Landnutzung, die in der ersten Pilotphase an zwei Beispielregionen entwickelt wurde, sollte aufgegriffen, weiterentwickelt und auch für größere Regionen nutzbar gemacht werden.
  • Die bisher getrennt bearbeiteten Dimensionen zu Ressourcenbasis und Stoffströmen, wirtschaftlichen Kennzahlen und einer systemischen Betrachtung sollten ergänzt und vervollständigt und noch stärker zusammengeführt werden.
  • Hinsichtlich der Ressourcenbasis müssen Daten zu Stoffströmen einerseits von Rohstoffen aus dem Agrar-, Forst- und Fischereibereich und andererseits von Reststoffen und Nebenerzeugnissen ergänzt, verfeinert und vor allem so kombiniert werden, dass Aussagen zur Intensität und Effizienz der Kaskadennutzung möglich werden. Das BMEL plant, im Rahmen einer komplementären Initiative einen Auftrag zur Fortführung dieser Arbeiten zu vergeben. Es wird eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Akteuren erwartet, die im Auftrag des BMEL entsprechende Arbeiten durchführen.
  • Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) plant, einen komplementären Forschungsauftrag zu Umweltaspekten des Bioökonomiemonitorings zu vergeben. Es wird eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Akteuren erwartet, die im Auftrag des BMU entsprechende Arbeiten durchführen.
  • Die wirtschaftlichen Kennzahlen und Indikatoren, die bislang vor allem methodisch ausgearbeitet worden sind, sind kontinuierlich mit empirischen Daten zu unterfüttern und in das Gesamtmonitoring zu integrieren.
  • Insbesondere technologiegetriebene, wissensbasierte Bereiche der Bioökonomie und deren Entwicklung sind in den Fokus zu nehmen. Hierzu können auch Fallstudien beitragen, die branchenspezifische Aussagen über die quantitative Bedeutung und Potenziale biobasierter Produkte und Verfahren treffen.
  • Auch sozialer Wandel und die Veränderung von Lebensstilen und Konsummustern, etwa im Bereich der Ernährung, beeinflussen die Entwicklung der Bioökonomie. Erwünscht sind klare und handhabbare Indikatoren, um die Einbettung der Bioökonomie in den sozialen und wirtschaftlichen Wandel abzubilden.
  • Es ist erwünscht, Rückmeldungen und Hinweise sowohl der Fachcommunity als auch von Interessengruppen und aus der Zivilgesellschaft zu berücksichtigen und hierfür entsprechende Formate der Diskussion und des Austauschs vorzusehen.
  • Die erreichten Ergebnisse sollten in regelmäßigen Pilotberichten (Rhythmus von zwei bis drei Jahren, abhängig vom Fortschritt und der Verfügbarkeit aktualisierter Daten) sowie in Form einer interaktiven Internet-Anwendung der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Da das Monitoring forschungsbasiert angelegt ist, gehören wissenschaftliche Publikationen zu methodischen Aspekten und empirischen Befunden sowie die Beteiligung an der internationalen Fachdiskussion ebenfalls zu den geförderten Tätigkeiten.
  • Gefördert wird auch ein methodischer Abgleich mit den Daten und Verfahren der amtlichen Statistik, etwa der Umweltökonomischen Gesamtrechnung des Statistischen Bundesamts sowie der Berichterstattung zur Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.
  • Gefördert wird ebenfalls die kontinuierliche Abstimmung und gegebenenfalls Zusammenarbeit mit Monitoring-Initiativen in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern sowie mit Initiativen auf europäischer Ebene (beispielsweise dem vom Joint Research Centre (JRC) der Europäischen Kommission aufgesetzten „Knowledge Centre for Bioeconomy" oder dem europäischen Verbund „BioMonitor").
  • Insbesondere in der optionalen Verlängerungsphase (siehe Nummer 5) sollen konkrete und praktische Vorschläge zum Rahmen und zur Struktur einer weiteren Verstetigung des Monitorings ausgearbeitet werden.