Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Rahmen des Programms MARE:N: Forschungsmission "Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung"

Richtlinie zur Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Rahmen des Forschungsprogramms der Bundesregierung MARE:N - Küsten-, Meeres- und Polarforschung: Forschungsmission "Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung" der Deutschen Allianz Meeresforschung, Bundesanzeiger vom 25.05.2020

Vom 27. April 2020

1 Förderziel, Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sieht einen unmittelbaren Forschungsbedarf im Kontext des Übereinkommens von Paris, der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) und der Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Zielen zur nachhaltigen Entwicklung. Im Übereinkommen von Paris von 2015 wird das Ziel formuliert, den Anstieg der globalen Mitteltemperatur auf „deutlich unter 2 °C" über vorindustriellem Niveau zu beschränken und „Anstrengungen zu unternehmen" den Anstieg sogar auf 1,5 °C zu begrenzen. Zur Erreichung dieser Temperatur-Ziele sollen Maßnahmen unternommen werden, damit die weltweiten Treibhausgasemissionen „so bald wie möglich" ihren Höchstwert erreichen und danach schnell sinken, sodass „in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts" ein Gleichgewicht zwischen Emissionen – also Quellen – und Senken von Treibhausgasen erreicht wird.

Als Teil des „European Green Deal" hat die EU-Kommission am 11. Dezember 2019 das Ziel verkündet, die EU bis zum Jahr 2050 „klimaneutral" zu machen, d.h. ein Gleichgewicht von Treibhausgas-Quellen und -Senken zu erzielen. Auch das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung vom 12. Dezember 2019 nennt als Grundlage des Gesetzes das langfristige Ziel der „Treibhausgasneutralität bis 2050" (§ 1).

Zum Erreichen der Treibhausgasneutralität wird es notwendig sein, der globalen Atmosphäre Treibhausgase zu entziehen, um verbleibende Emissionen auszugleichen, die nur mit sehr hohem Aufwand auf null reduziert werden können. Zusätzlich sind die bisher von den Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention eingereichten nationalen Beiträge (Nationally Determined Contributions – NDC) zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen voraussichtlich nicht ausreichend, um die Pariser Klimaziele einzuhalten. Dies macht weiterreichende Maßnahmen, darunter als eine Option auch die Entnahme von atmosphärischem Kohlenstoff (Carbon Dioxide Removal, CDR), notwendig. Die Forschung dazu muss geeignet sein, die Bewertungskompetenz in Bezug auf Potenzial und Umsetzbarkeit, Risiken sowie Wechselwirkungen mit anderen Nachhaltigkeitszielen und komplexen und weitreichenden Wirkungszusammenhängen im Erd- und Klimasystem zu erhöhen.

Das BMBF wird dementsprechend zwei komplementär angelegte Förderrichtlinien veröffentlichen: Neben der vorliegenden Förderrichtlinie „Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung" wird zeitnah eine Förderrichtlinie zu „Methoden zur Entnahme von atmosphärischem Kohlendioxid" (im Folgenden kurz: CDR-Förderrichtlinie) mit dem Schwerpunkt auf allen nicht-marinen CDR-Methoden veröffentlicht, in der auch übergreifende Aspekte von CDR sowie eine vergleichende Analyse und Bewertung der verschiedenen CDR-Methoden behandelt werden sollen. Beide Förderrichtlinien ergänzen sich und beinhalten ein Vernetzungs- und Transfervorhaben bzw. ein Begleit- und Synthese­vorhaben, die entsprechend kooperieren sollen.

1.1 Förderziel und Zuwendungszweck

Um die internationale Spitzenposition der deutschen Küsten-, Meeres- und Polarforschung weiter auszubauen und den Wissenschaftsstandort Deutschland zu stärken, haben die Bundesregierung und die Regierungen der fünf norddeutschen Bundesländer Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, ­Niedersachsen und Schleswig-Holstein den Aufbau und die gemeinsame Förderung der Aktivitäten der „Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM)" beschlossen. Die DAM wird in vier Kernbereichen tätig, die zum einen die Umsetzung von langfristigen Forschungsmissionen in Themenfeldern von hoher gesellschaftlicher Relevanz und zum anderen die Koordinierung seegehender Forschungsinfrastrukturen, die Steuerung von Aktivitäten in den Bereichen Datenmanagement und Digitalisierung sowie den wirksamen Transfer von Forschungsergebnissen umfassen und damit folgende Zielstellungen verfolgt:

  • Bereitstellung von lösungsorientiertem Handlungswissen für Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um politische und gesellschaftliche Entscheidungsprozesse zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Küsten und Meere im regionalen, nationalen und internationalen Kontext wissenschaftlich fundiert zu unterstützen.
  • Erhöhung der strategischen Handlungsfähigkeit der meereswissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland durch gemeinsame forschungsprogrammatische Zielsetzungen, gemeinsame Aktivitäten und verbesserte Rahmenbedingungen, um Zukunftsfragen der Meeresforschung in integrativen Forschungsansätzen auf höchstem wissenschaftlichem Niveau bearbeiten zu können.
  • Stärkung der internationalen Wirksamkeit und Sichtbarkeit der deutschen Meeresforschung durch die Entwicklung von Schnittstellen und Kooperationen zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Hochschulen in Themenfeldern von nationaler und globaler Bedeutung.
  • Effektiver Transfer von wissenschaftsbasiertem Handlungswissen im Dialog mit Anwendern zur Bewältigung der mit dem Klima- und Nutzungswandel einhergehenden ökologischen, sozialen und ökonomischen Herausforderungen; Stärkung des Capacity Development und der Nachwuchsförderung.

Mit dieser Bekanntmachung beabsichtigt das BMBF, auf Grundlage des Forschungsprogramms der Bundesregierung „MARE:N – Küsten-, Meeres- und Polarforschung für Nachhaltigkeit" gemeinsam mit den fünf norddeutschen Bundesländern Projekte im Kernbereich „Forschungsmissionen" der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) zur Thematik „Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung" zu fördern.

Die Ozeane enthalten mehr als 50-mal so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre. Bislang haben sie wesentlich zur Minderung anthropogen verursachter CO2-Effekte beigetragen, indem sie etwa ein Viertel der anthropogenen CO2-Emissionen aufgenommen und gespeichert haben. Es wird jedoch erwartet, dass der Anteil der ozeanischen CO2-Speicherung abnimmt, da durch Erwärmung, Versauerung, Abnahme des Sauerstoffgehalts und andere vom Menschen verursachte Störungen die physikalischen, chemischen und biologischen Fähigkeiten des Ozeans zur Aufnahme von CO2 beeinträchtigt werden. Das Wissen darüber, wie der Ozean als ein Pfad zur Dekarbonisierung wirken und genutzt werden kann, ist bislang begrenzt. Angesichts der Dringlichkeit gesellschaftlicher Entscheidungen zur Begrenzung des Klimawandels ist diese Frage jedoch von großer gesellschaftlicher Relevanz.

Mit der Forschungsmission „Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung" soll vor diesem Hintergrund die Bedeutung und das Potenzial des Ozeans für die Aufnahme und Speicherung von CO2 aus der Atmosphäre ­untersucht werden. Dabei stehen Fragen zu Auswirkungen auf die Meeresumwelt, das Erdsystem und damit auf die Gesellschaft im Vordergrund. Bei der Analyse und Bewertung von Maßnahmen zur Erhöhung der CO2-Aufnahme und -Speicherung durch das Meer sollen sowohl Risiken als auch Nutzen berücksichtigt und ihre potenziellen sowie wirtschaftlichen, politischen, sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen und Auswirkungen bewertet werden. Um dies zu erreichen, ist eine transdisziplinäre und interdisziplinäre Herangehensweise sowie ein enger Dialog mit Stake­holdern erforderlich. Die Bereitstellung konkreter Handlungsempfehlungen sowie die konsequente Umsetzung von Maßnahmen des Wissenstransfers und der Datenbereitstellung soll die spätere Nutzung der Ergebnisse in Politik und Gesellschaft sicherstellen.