Deutsch-niederländische Förderinitiative: Forschende untersuchen das Weltnaturerbe Wattenmeer im Wandel

Das niederländisch-dänisch-deutsche UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer hat eine herausragende Bedeutung für viele marine Arten und den globalen Vogelzug. Doch Klimawandel, Nutzungsdruck und Nährstoffeinträge setzen diesem einzigartigen Ökosystem zu. Welche Folgen dies hat und welche Handlungsoptionen notwendig sind, untersuchen deutsche und niederländische Forschende künftig in gemeinsamen Projekten.

Das Wattenmeer ist das weltweit größte zusammenhängende Wattgebiet. Wegen seiner Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt sowie der ökologischen und geologischen Prozesse, die hier noch weitgehend natürlich ablaufen, stehen weite Teile des Wattenmeers in Deutschland, Niederlanden und Dänemark unter Schutz und zählen zum UNESCO-Weltnaturerbe. Jährlich rasten zehn bis zwölf Millionen Zugvögel in diesen Gezeitengebieten, rund 10.000 Tier- und Pflanzenarten haben dort ihren Lebensraum.

Andererseits ist dieses hochkomplexe Ökosystem von zahlreichen menschlichen Aktivitäten wie Fischerei, Tourismus, Schifffahrt sowie dem zunehmenden Ausbau der Offshore-Windkraft betroffen. Insgesamt wohnen in der Wattenmeer-Region in den drei Ländern rund 3,7 Millionen Menschen vom und mit dem Meer.

Gemeinsame Strategie von Deutschland, Dänemark und Niederlande

Seit 1978 setzen sich daher Deutschland, Dänemark und die Niederlande im Rahmen der der „Trilateralen Wattenmeerzusammenarbeit“ (Trilateral Wadden Sea Cooperation, TWSC) gemeinsam mit Interessensvertretern aus Nationalparken, regionalen und lokalen Behörden sowie Nichtregierungsorganisationen und Nutzergruppen für den Schutz und Erhalt dieses einzigartigen und unersetzlichen Ökosystems ein.

In einem gemeinsamen Leitprinzip formulierten die drei Staaten das Ziel, ein weitgehend natürliches und sich selbst erhaltendes Ökosystem zu bewahren, in dem natürliche Prozesse ungestört ablaufen. Diese Vereinbarung zum Schutz und zur Erhaltung des Außergewöhnlichen Universellen Wertes (Outstanding Universal Value, OUV) des Wattenmeers ist Basis für weitere gemeinsame Aktivitäten und dient auch zur Zusammenarbeit in Forschungsfragen. 

Wissen über die Auswirkungen der drei ökologischen Krisen verbessern

Mit einer deutsch-niederländischen Förderinitiative soll jetzt das Wissen über die Auswirkungen der drei ökologischen Krisen als Folge des Klimawandels, der Verschmutzung und des Verlustes der biologischen Vielfalt auf das Wattenmeer weiter verbessert werden. Diese Krisen stellen für das UNESCO-Weltnaturerbe eine existenzielle Bedrohung dar und treffen nicht nur das Ökosystem, sondern auch die Bevölkerung und die Gäste der Wattenmeer-Region, die direkt von der ökologischen Gesundheit und der Widerstandsfähigkeit des Wattenmeeres abhängen.

So wird beispielsweise der prognostizierte Anstieg des Meeresspiegels als wesentliche Gefährdung für das Ökosystem Wattenmeer sowie für den Küsten- und Hochwasserschutz angesehen. Ähnliches gilt für steigende Wassertemperaturen oder veränderte Süßwasserzuflüsse, deren Auswirkungen erforscht werden müssen. Höhere Temperaturen begünstigen die Eintragung neuer Arten mit weitgehend unbekannten Folgen für Nahrungsnetze oder Ökosystemfunktionen.

Beispiele dafür sind die Pazifische Auster, der Japanische Bärentang oder die Australische Seepocke – die entweder bewusst vom Menschen ausgesetzt oder vermutlich im Ballastwasser von Frachtschiffen eingeschleppt wurden. Sie breiten sich als invasive Arten im Wattenmeer aus. Bislang wurden von Forschenden über 100 gebietsfremde Tier- und Pflanzenarten in den Küstengewässern der Nordsee nachgewiesen. Zur Veränderung der biologischen Vielfalt führen aber auch vom Menschen eingetragene Frachten an Nähr- und Schadstoffen.  

Forschungsprojekte sollen Handlungsoptionen aufzeigen

Die bilateralen Forschungsprojekte sollen in enger Zusammenarbeit mit Interessenvertreter*innen und Nutzergruppen konkrete Konzepte entwickeln und Handlungsoptionen aufzeigen, die zum Schutz des Wattenmeeres und zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Wattenmeerregion hilfreich sind. Dies erfordert inter-, multi- und transdisziplinäre Forschung, die sowohl grundlegende als auch praktische Erkenntnisse zusammenführt. Damit sollen die Forschungsprojekte zur Entwicklung wirkungsvoller Handlungsempfehlungen zur Unterstützung von Entscheidungsträger*innen und zur Verbesserung des Wattenmeer-Managements beitragen.

Die bilateralen Forschungsprojekte werden auf deutscher Seite vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) sowie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) aus Mitteln des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) und des Forschungsprogramms „MARE:N – Küsten-, Meeres- und Polarforschung für Nachhaltigkeit“ gefördert. Von niederländischer Seite werden Fördermittel von verschiedenen Fachministerien und der niederländischen Forschungsgemeinschaft bereitgestellt. Um den trilateralen Charakter der TWSC zu stärken, werden niederländische und deutsche Antragsteller ermutigt, dänische Forschende und Interessenvertreter in ihre Projekte einzubeziehen.