Forschung als Leitlinie – UN-Konferenz der Ozeane braucht die Meeresforschung für den Schutz der Meere

„The science we need for the ocean we want” – unter dem Motto der zweiten UN Ocean Conference in Lissabon betont Deutschland seine Verantwortung für den Schutz der Ozeane. Forschung, politische Vereinbarungen und deren effektive Umsetzung für einen nachhaltigen Ozean standen im Fokus des Side Events, mit dem sich die deutsche Delegation der Weltgemeinschaft in Lissabon am 30. Juni 2022 präsentierte.

Mit dem Side Event „Ocean Governance – from scientific information through political commitments to effective management and action" setzt die Bundesregierung am 30.06.2022 gemeinsam mit der EU Kommission und der International Union for Conservation of Nature (IUCN) seine Tradition für eine starke Meeresforschung fort. Das hochrangig besetzte Panel brachte die internationale Perspektive der Ozeanpolitik zusammen. Politische Vertreter und Vertreterinnen aus Mexiko und den Solom Inseln, des IPCC und Greenpeace diskutierten die Rolle von Wissenschaft und Politik für einen nachhaltigen Ozean.

Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, verkündete in Ihrer Rede die neue Deutsche Meeresoffensive. Drei Schwerpunkte verfolge die Bundesregierung mit der Meeresoffensive: den Schutz der Artenvielfalt, die notwendige Forschung zu ökologischen Konsequenzen für einen potentiellen Tiefseebergbau und die immense Verschmutzung durch Plastikmüll.

Lemke betonte, Wissenschaft sei essentiell, damit politische Maßnahmen langfristig und effektiv greifen könnten. Gleichzeitig läge noch ein langer Weg vor uns, bevor wir das komplexe System Ozean vollständig verstünden. Insbesondere sei der link zwischen den Dreifach-Umweltkrisen von Klimawandel, Artenverlust und Ozeanverschmutzung noch nicht in Gänze verstanden. Deutschland verfüge über eine lange Tradition in der Meeresforschung, hob die Umweltministerin hervor. Mit seine exzellenten High-Tech-Forschungsinfrastruktur und langjährigen Partnerschaften in der internationalen Forschungszusammenarbeit nehme Deutschland seine Verantwortung an.

Für eine starke Ozean-Politik seien forschungsbasierte Ergebnisse ein zentraler Bestandteil, so Hans-Otto Poertner, Co-Chair des Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC. Poertner betonte eine notwendige starke Stimme für den Ozean, insbesondere im Kontext der Klima- und Artenkrise. Ein „International Body on Ocean Sustainability" als beratende Instanz, die die existierenden politischen Strukturen der internationalen Klimapolitik und des Artenschutzes aufgreife und integriere, sei für ihn unerlässlich.

Kevin Horsburgh, Climate Science Lead des Green Climate Fund, hob die Dringlichkeit für eine Impact-orientierte Forschung hervor, da aktuelles Handeln dringlicher denn je sei. Aktuell erfahre die Welt bereits vermehrte Extremwetter-Ereignisse. Betroffen seien hierbei insbesondere die meist verletzlichen Bevölkerungsgruppen wie Indigene, Frauen, Ältere und Kinder. Gleichzeitig seien marine Ökosysteme wie zum Beispiel Korallenriffe extrem bedroht und das Korallensterben selbst bei einer globalen Temperaturerhöhung von 1,5 Grad Celsius kaum aufzuhalten. So gingen Projektionen davon aus, dass lediglich 10% der Korallenriffe bis 2050 überlebten.

Melchior Mataki, Ministerium für Umwelt und Klimawandel und Katastrophenmanagement der Solomon Inseln, erweiterte die Debatte um den Blickwinkel der Pazifischen Region. So sei der Ozean für die Pazifische Bevölkerung die Quelle deren Lebens – und deren Zukunft. Mataki betonte, dass explizit nicht die Governance der Ozeane zentral sei, sondern die Politik den Menschen dienen solle, die den Ozean als Ressource nutzten. Der Prozess der Ozeanpolitik sei entsprechend gemeinsam mit den Menschen zu gestalten. Gleichzeitig sei das Wissen auf unserem Planeten zu fragmentiert. Die Ozeanverschmutzung sei ein gutes Beispiel, in dem deutlich würde, die Verletzlichkeit der Krise zu verstehen, um die Resilienz des Ozeans und seiner Gesellschaft zu stärken.

Auch Laura Meller, Greeenpeace Nordic, unterstrich, dass Wissenschaft eine ungemein wichtige Quelle für deren Arbeit bedeute. In ihrem finalen Statement appellierte sie, dass wir genügend wüssten, um bereits jetzt zu handeln, genügend wüssten, dass der Ozean in einer Krise stecke und genügend Wissen vorläge, wie wir den Ozean schützen könnten.

Vladimir Ryabinin, Generalsekretär der IOC-UNESCO, betonte die Dringlichkeit, sich der Forschung zu committen. Denn für eine verantwortungsvolle Entscheidungsfindung und gute Regierungsführung müssten wir Wissen generieren. Mit einem besonderen Dank an das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstrich Ryabinin die kürzliche Zusammenarbeit zwischen BMBF und IOC, und betonte die inspirierenden sieben UN Ocean Decade Laboratories.

Deutschland engagiert sich in der Ozeandekade
Die in 2021 gestartete „UN-Dekade der Ozeanforschung für Nachhaltige Entwicklung (2021-2030)" hat in den kommenden zehn Jahren das weltweite Ziel, die zentrale Rolle des Ozeans für das Ökosystem Erde stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken, Wissen zu schaffen, bestehendes Wissen zu bündeln und dieses verfügbar zu machen. Unter dem Motto „Creating the Ocean we want" haben das BMBF und die IOC-UNESCO den Auftakt der UN-Ozeandekade am 1. Juni 2021 in Berlin gefeiert. Die Ocean Decade Laboratories boten eine internationale Plattform, um neue Partnerschaften und Dialoge über den Zeitraum Juli 2021 bis Juni 2022 in anzuregen. Jedes der sieben Ocean Decade Laboratories konzentrierte sich auf eines der zentralen Ergebnisse der UN-Ozeandekade und bot den Teilnehmenden aus aller Welt die Gelegenheit zum Austausch, zur Zusammenarbeit und zum Aufbau nachhaltiger Partnerschaften. Die Video-Dokumentationen der Labs zeigen die vielfältige Stimmen aus Wissenschaft, Gesellschaft und Politik für einen Ozean der Zukunft.


Meeresforschung für die Zukunft
Meeresforschung ist Forschung für die Zukunft: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat sich zum Ziel gesetzt, Mensch und Ozean zusammenzubringen. Es gilt, den ökologischen Schutz und die wirtschaftliche Nutzbarkeit unseres Ozeans nachhaltig miteinander in Einklang zu bringen und darüber hinaus mit der internationalen Meeresforschung den Weg in die Klimaneutralität zu bestreiten.


Die nachhaltige Nutzung des Ozeans hat dabei höchste Priorität. So hat die Bundesregierung bereits 2016 das ressortübergreifende Forschungsprogramm „Mare:N – Küsten-, Meeres- und Polarforschung für Nachhaltigkeit" veröffentlicht. Jährlich mit insgesamt rund 400 Millionen Euro finanziert, wurde es bereits 2017 auf der ersten UN-Weltozeankonferenz als deutscher Beitrag zur Umsetzung des Nachhaltigkeitsziels 14 „Leben unter Wasser" (Sustainable Development Goals, SDG) eingebracht. Mit dem Programm „Digital Twins of the Ocean" (DITTO) des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, und dem Klimakompetenzzentrum WASCAL in Westafrika bringt Deutschland bereits zwei anerkannte Aktionen in die Ozeandekade ein. Sie gehören zu ausgewählten Aktionen der internationalen Meeresforschung, sogenannte Decade Actions, die die Ziele der UN-Ozeandekade unterstützen.