Forschung für klimaresiliente Städte: BMBF-Förderprojekte präsentieren Ergebnisse bei europäischer Anpassungskonferenz (ECCA) in Lissabon

Bei der größten Konferenz zum Thema Anpassung an den Klimawandel (ECCA) bringen sich zahlreiche Vertreter/innen aus dem Förderbereich „Klimaresilienz durch Handeln in Stadt und Region“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ein. Mit insgesamt neun Vorträgen und Postern stellen die Projekte Ergebnisse und Erfahrungen dem internationalen Publikum aus Praxis und Forschung vor. In einer vom DLR Projektträger moderierten Science-Practice-Session arbeitet das Podium heraus, wie Daten und Angebote aus der Klimaforschung noch relevanter für kommunale Entscheidungsträger werden können.

Die Projekte des Themenbereichs „Klimaresilienz durch Handeln in Stadt und Region” der Leitinitiative Zukunftsstadt entwickeln Strategien und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Das Besondere: In allen 15 Verbundprojekten arbeiten ausgewiesene Forscherinnen und Forscher eng mit Kommunalverwaltungen und weiteren Praxisakteuren zusammen. So entstehen innovative Handlungsoptionen, die den letzten Stand der Klimaforschung berücksichtigen und gleichzeitig auf die lokalen Bedarfe abgestimmt sind.

Damit sind die Projekte bestens geeignet, zur European Climate Change Adaptation conference (ECCA) beizutragen. Die alle zwei Jahre stattfindende Konferenz bringt rund 1.000 Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Forschung zusammen. Dieses Jahr versammeln sich die Fachleute der Klimaanpassung vom 28. bis zum 31. Mai in Lissabon.

Die Poster und Vorträge aus den BMBF-Förderprojekten beleuchten verschiedene Aspekte der Anpassung an den Klimawandel in Städten und Gemeinden. Beispielsweise werden Erkenntnisse zum Vorsorge- und Anpassungsverhalten der Bevölkerung gegenüber Extremereignissen und Hitze vorgestellt. Beiträge zur Bürgerbeteiligung an Klimaanpassungsprozessen diskutieren, welche Faktoren Partizipation erfolgreich machen und wie die Teilnahme an Beteiligungsprozessen auf das Anpassungshandeln wirkt. Ein weiteres wichtiges Thema sind Methoden zur Messung von urbaner Klimaresilienz und zur Evaluation von Anpassungsmaßnahmen - denn nur durch ein fundiertes Monitoring kann der Erfolg von Klimaanpassung bestimmt werden.

In der Session “Tools and data for climate resilient cities” steht die Nutzung von Klimainformationsangeboten in Kommunen im Fokus. Ziel ist es, herauszuarbeiten, welche Faktoren dafür ausschlaggebend sind, dass Daten und Angebote bei Entscheidungs- und Planungsprozessen genutzt werden. Hierfür stellen Expertinnen Erfahrungen aus verschiedenen europäischen Ländern vor. Bei der anschließenden Diskussion werden diese Erfahrungen um weitere Beispiele ergänzt. Der DLR Projektträger führt diese Session im Auftrag des BMBF durch.

Die Beiträge im Einzelnen

Session Tools and data for climate resilient cities

Die Klimaforschung produziert eine Vielzahl an Daten und hat in den vergangenen Jahren zunehmend versucht, diese über angepasste Nutzerschnittstellen relevanten gesellschaftlichen Akteuren zur Verfügung zu stellen. Kommunen haben insbesondere im Kontext von Planungsprozessen einen spezifischen Bedarf an Daten, auf Basis derer z. B. Abwägungsentscheidungen getroffen werden. Erkenntnisse dazu, wie solche Daten und Tools konkret die städtische Anpassung an den Klimawandel voranbringen und welche Faktoren dies beeinflussen, sind noch rar. Im Rahmen der Science-Practice Session werden hierzu Erfahrungen und Erkenntnisse ausgetauscht. Impulse aus dem Themenbereich „Klimaresilienz durch Handeln in Stadt und Region” liefern die Projekte „Urbane Resilienz gegenüber extremen Wetterereignissen - Typologien und Transfer von Anpassungsstrategien in kleinen Großstädten und Mittelstädten” (ExTrass) und „Grüne Stadt der Zukunft - klimaresiliente Quartiere in einer wachsenden Stadt”. Drei weitere Impulsvorträge werden Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern einbringen.
Moderiert wird die Session von Andreas Baumgärtner und Andreas Schmidt (DLR Projektträger).

Vortrag: Framing and monitoring urban climate resilience in German municipalities – insights from an ongoing research project

Theresa Kaiser (adelphi research) stellt ein Framework für urbane Klimaresilienz sowie ein Resilienz-Indikatoren-Set vor. Monitoring und Evaluation von Anpassungsmaßnahmen auf lokaler Ebene haben in Wissenschaft und Praxis bisher nur wenig Beachtung erfahren obwohl Wissen über geeignete Maßnahmen zur Steigerung urbaner Klimaresilienz angesichts des fortschreitenden Klimawandels von zentraler Bedeutung ist. Im Rahmen des Projektes „Monitoring von Anpassungsmaßnahmen und Klimaresilienz in Städten" (MONARES) werden Methoden zur Messung von urbaner Klimaresilienz und zur Evaluation von Anpassungsmaßnahmen entwickelt. Der Vortrag stellt die aktuellen Zwischenergebnisse vor.

Poster: Resilience to extreme precipitation events: Insights into people's risk perception, preparedness and behavior based on two case studies from Germany

Britta Weißer, Ali Jamshed und Jörn Birkmann (alle: Universität Stuttgart) präsentieren erste Ergebnisse aus dem Projekt „Resilienzbildung nach Extremereignissen: Lessons Learned und neue Strategien für Städte im Umgang mit räumlich ubiquitär auftretenden Extremereignissen" (RESI-extrem). Extremwetterereignisse wie Starkniederschläge richten immer wieder schwere Schäden an. Das Projekt untersucht, wie wirksame Vorsorge- und Schutzkonzepte trotz der scheinbaren Unvorhersehbarkeit dieser Extremereignisse implementiert werden können. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Risikowahrnehmung und Lernfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger, wozu bislang kaum Informationen vorliegen. Vorgestellt werden Ergebnisse einer Haushaltsbefragung in den beiden Fallstudienstädten Olfen und Schwäbisch Gmünd. Dabei wird deutlich, wie fehlendes Wissen und mangelnde Vorsorge die Bevölkerung gefährden, aber auch wie die eigene Erfahrung mit Starkregen das Vorsorgeverhalten beeinflusst. Die Ergebnisse sollen dazu genutzt werden, Risiken im Kontext von Starkregen besser gegenüber der Bevölkerung zu kommunizieren.

Poster: Climate mitigation and adaptation strategies of metropolises and medium-sized cities in Germany

Antje Otto, Julia Dierck und Annegret H. Thieken (alle: Universität Potsdam) geben einen Überblick zu den Klimaschutz- und Klimaanpassungsstrategien von Groß- und Mittelstädten in Deutschland. Städte sind für bis zu 70% der Treibhausgasemissionen verantwortlich, aber gleichzeitig auch von den Auswirkungen des Klimawandels, z. B. in Form von schädigenden Extremereignissen, stark betroffen. Daher werden zunehmend Konzepte für den Klimaschutz und zur Klimaanpassung auf kommunaler Ebene entwickelt. Die vorliegende Studie, durchgeführt im Projekt „Urbane Resilienz gegenüber extremen Wetterereignissen - Typologien und Transfer von Anpassungsstrategien in kleinen Großstädten und Mittelstädten" (ExTrass), präsentiert das Vorkommen und den Inhalt solcher Pläne für ca. 100 Groß- und Mittelstädte in Deutschland.

Vortrag: Dealing with heat stress at open air events: A multi-method approach on visitors' vulnerability, risk awareness and adaptive behaviour

Anna Heidenreich (Universität Potsdam) stellt Ergebnisse einer Befragung von Besucher/innen der Landesgartenschau 2018 in Würzburg vor. Die Befragung wurde im Rahmen des Projekts „Urbane Resilienz gegenüber extremen Wetterereignissen - Typologien und Transfer von Anpassungsstrategien in kleinen Großstädten und Mittelstädten” (ExTrass) durchgeführt. Untersucht wurde der Umgang mit Hitze. Unter anderem zeigen die Ergebnisse, dass die Mehrheit der Befragten ein hohes Bewusstsein für die Thematik Hitzebelastung und Anpassung hat. Dies spiegelte sich aber nur bei einem Teil der Befragten in ihren tatsächlich gezeigten Anpassungsmaßnahmen wider. Offizielle Hitzewarnungen des DWD waren den meisten Befragten nicht bekannt. Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse empfiehlt das Forscherteam eine verbesserte Risikokommunikation in Bezug auf Hitze. Veranstalter und Behörden sollten die Hitzeanpassung zudem zielgruppenspezifisch fördern.

Poster: Living labs for flood risk prevention: insights from practice in Bremen, Germany

Christof Voßeler und Barbara Dührkop (beide: Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr) präsentieren die Aktivitäten des Projekts „Klimaresiliente Zukunftsstadt Bremen" (BREsilient) rund um zwei wasserbezogene Reallabore, deren zentraler Bestandteil Bürgerbeteiligungsprozesse sind. So ist im Bremer Stadtteil Pauliner Marsch ab Herbst 2019 eine Workshop-Reihe zum Thema Hochwasserschutz mit allen Stakeholdern geplant. Konkrete Maßnahmen zur Starkregenvorsorge werden im Teilprojekt Blumenthaler Aue gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern aktuell bereits erarbeitet.

Vortrag: Going beyond knowledge integration: How participatory adaptation processes contribute to adaptation action

Torsten Grothmann (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) beleuchtet in seinem Beitrag, welche psychologischen Einflussfaktoren des Handelns zur Anpassung an den Klimawandel durch Beteiligungsverfahren verändert werden können. Hierzu werden laufende partizipatorische Anpassungsprozesse in Deutschland, unter anderem aus dem Projekt „Klimaresiliente Zukunftsstadt Bremen" (BREsilient) durch standardisierte Befragungen der Teilnehmenden evaluiert. Erste Ergebnisse zeigen, dass vor allem Personen an den Beteiligungsprozessen teilnehmen, die bereits zu Anpassungsmaßnahmen motiviert sind. Weitere Instrumente, die weniger Zeit und Aufwand als die Teilnahme an Beteiligungsveranstaltungen erfordern, sind also notwendig, um bisher nicht motivierte Personen zu erreichen. In einigen der untersuchten Prozessen werden hauptsächlich staatliche Akteure in der Verantwortung für Anpassungsmaßnahmen gesehen. Diese Wahrnehmung wirkt sich zum Teil negativ auf die Motivation bei nicht-staatlichen Akteuren aus.

Vortrag: Citizen Participation in Climate Adaptation Processes

Theresa Anna Michel (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) stellt eine Pilotstudie im Rahmen des Projekts „Klimaresiliente Zukunftsstadt Bremen" (BREsilient) zur Bürgerbeteiligung im wasserbezogenen Klimaanpassungsbereich vor. In Klimaanpassungsprojekten wird die Beteiligung von Bürger/innen als essentiell wahrgenommen, um Klimaanpassungsmaßnahmen in die Praxis zu bringen. In der Pilotstudie wurden sechs Projekte sowie zwei Bürgerinitiativen mit Hilfe von Experteninterviews und Dokumentenanalysen untersucht. Bei der Präsentation werden die verfolgten Ziele (in der Literatur sowie in der Praxis) und die Erfolgsdeterminanten für die Zielerreichung diskutiert.