Globale Landwende: Artensterben, Klimawandel und Ernährungskrise gemeinsam bekämpfen
BMU und BMBF nehmen WBGU-Gutachten zur „Landwende im Anthropozän“ entgegen
Mit den richtigen Maßnahmen für eine nachhaltige Landnutzung lassen sich Klimawandel, Ernährungskrise und Biodiversitätsverlust gemeinsam bekämpfen. Eine integrierte Sicht auf diese drei großen Themen ist die zentrale Empfehlung des neuen Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen. Der WBGU nennt als Beispiele fünf so genannte Mehrgewinnstrategien, damit eine Landwende gelingt: die Ausweitung von Schutzgebieten, die Renaturierung von Ökosystemen, eine vielfältigere Landwirtschaft, die Anpassung von Ernährungsstilen und der sinnvolle Einsatz von Bioökonomie, etwa das Bauen mit Holz. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek und Bundesumweltministerin Svenja Schulze kommentierten das Gutachten heute in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem WBGU in Berlin.
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek: „Ein gesunder und nachhaltig genutzter Boden ist die Voraussetzung für ein gesundes Leben auf unserem Planeten. Das WBGU-Gutachten zeigt uns eindrücklich, dass Veränderungen in der Landnutzung von zentraler Bedeutung für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft sind. Dabei geht es sowohl um die Sicherung unserer Ernährung als auch um den Schutz von Klima und Biodiversität.
Forschung und Innovation kommt hierbei eine Schlüsselfunktion als Impulsgeber und Wegweiser zu. Kluge Lösungen, um die bestehenden Landnutzungskonkurrenzen aufzulösen, können dazu beitragen, die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen zu erreichen.
Deswegen investieren wir in Forschung zu Klimaschutz, Landnutzung und Biodiversität. Wir werden unsere Aktivitäten in diesen Bereichen national und international weiter stärken. Im Rahmen der Forschung für nachhaltige Entwicklung (FONA) fördern wir bereits gezielt Forschung und Innovationen, die Klimaschutz, Nahrungsmittelproduktion und Biodiversität Ernährung im Blick haben.
Zusätzlich bringen wir aktuell eine Förderbekanntmachung für nachhaltiges Landmanagement in Subsahara-Afrika auf den Weg. Mit seinem übergreifenden Ansatz und der Entwicklung von Mehrgewinnstrategien gibt der WBGU wichtige Impulse für die weitere Forschung."
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Palmöl im Tank, Mais-Monokulturen oder zu viele Tiere auf zu wenig Fläche – es gibt leider viele Beispiele, in denen Nahrungsmittelproduktion, Klima- und Naturschutz miteinander im Konflikt stehen. Die gute Nachricht ist: Das muss nicht so bleiben, wenn wir die vom WBGU vorgeschlagene Landwende ernst nehmen. Wenn man Klimaschutz, Naturschutz und Ernährung zusammendenkt, kann ein dreifacher Nutzen dabei herauskommen. Hier ist kluge Politik gefragt, die über den eigenen Tellerrand schaut. In der EU ist es unter deutscher Präsidentschaft gerade gelungen, mit der Biodiversitätsstrategie ein starkes Mandat für mehr und bessere Schutzgebiete zu verabschieden, in denen die Natur sich erholen kann. Ein weiteres konkretes Beispiel sind Biokraftstoffe. Würde man noch mehr Biosprit aus Raps oder Palmöl ins Benzin mischen, wäre das ein dreifacher Schaden: für die Ernährung, der dann wertvolle Ackerflächen verloren gehen; für die Natur, die durch Regenwaldrodung und Monokulturen zerstört wird; und sogar für das Klima, denn herkömmlicher Biosprit stößt in der Summe oft deutlich mehr Treibhausgase aus als fossiles Benzin und Diesel. Darum setze ich bei meinem Gesetzesvorschlag für erneuerbare Energien im Tank einerseits auf Abfall- und Reststoffe wie Gülle und Altspeiseöle und anderseits auf Kraftstoffe auf Basis von Wind- und Solarstrom, wo es keine effizienteren Alternativen gibt. Die Nutzung von Palmöl will ich in den nächsten Jahren schrittweise auf null senken."
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) entwickelt in seinem Gutachten „Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration" Handlungsoptionen für konkretes Regierungshandeln. Dabei umfasst der Begriff „Land" den Boden, Pflanzen und Tiere sowie Flüsse und Seen. Nur wenn sich unser Umgang mit Land grundlegend ändert, können die Klimaschutzziele erreicht, der dramatische Verlust der biologischen Vielfalt abgewendet und das globale Ernährungssystem nachhaltig gestaltet werden. Der WBGU schlägt fünf exemplarische Mehrgewinnstrategien vor, um Konkurrenzen zwischen Nutzungsansprüchen zu überwinden. Diese sollten durch fünf konkrete Strategien in praktische Politik übertragen werden, darunter insbesondere eine Neuorientierung der EU-Politik und die Errichtung von Gemeinschaften gleichgesinnter Staaten.
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen wurde 1992 im Vorfeld der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung („Rio-Konferenz") von der Bundesregierung als unabhängiges wissenschaftliches Beratergremium eingerichtet. Der WBGU wird gemeinsam vom Bundesforschungsministerium und vom Bundesumweltministerium finanziert.
Das Bundesforschungsministerium fördert Forschung für Nachhaltigkeit seit vielen Jahren. Im Rahmen des Programms Forschung für nachhaltige Entwicklung FONA werden gezielt Wissenschaft, Forschung und Innovationen gefördert, die Klima- und Umweltschutz, Ernährung und die Belastungsgrenzen unserer Ökosysteme in den Blick nehmen. Im Rahmen der „Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt" (FEdA) trägt das Bundesforschungsministerium dazu bei, handlungsorientierte Lösungen zu finden, um den konkurrierenden Ansprüchen an Landnutzung und Ernährung, Biodiversität und Klimaschutz gerecht zu werden. Zur Erforschung von Möglichkeiten der CO2-Entnahme aus der Atmosphäre hat das BMBF in diesem Jahr zwei Förderbekanntmachungen auf den Weg gebracht, um valide Entscheidungen zu Investitionen in die Entwicklung oder zur Regulierung eines Einsatzes von CO2-Entnahme-Methoden treffen zu können.
Das Bundesumweltministerium fördert auf internationaler Ebene über die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) vielfältige Projekte für eine sozial und ökologisch verträgliche Land- und Forstwirtschaft. Auf nationaler Ebene setzt sich das BMU konsequent dafür ein, dass die auf Landsysteme ausgerichteten Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm 2030 möglichst große Synergien zum Biodiversitätsschutz haben.