Monatsthema Januar: Der Start ins Wissenschaftsjahr Bioökonomie.

Im Januar eröffnet das Bundesministerium für Bildung und Forschung das Wissenschaftsjahr „Bioökonomie“ offiziell. Dies nehmen wir zum Anlass, die Bioökonomie und ihre Forschungsthemen im Monatsthema vorzustellen. Was ist Bioökonomie, welche Forschungsdisziplinen gehören dazu und welche Lösungen hat sie für die Herausforderungen unserer Zeit? Deutschland war eines der ersten Länder weltweit, das eine Forschungsstrategie zur Bioökonomie aufsetzte. In diesem Rahmen hat das BMBF seit 2010 Forschungsvorhaben mit über einer Milliarde Euro gefördert. Die Wissenschaftsjahre sollen Forschungsthemen transparent und zugänglich machen und einen regen Austausch zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit ermöglichen. Ob Forscherin, Forscher, Bürgerin oder Bürger, erfahren Sie hier mehr und machen Sie mit.

Seit jeher nutzen Menschen natürliche Ressourcen, um beispielsweise Nahrungsmittel, Kleidung, Wärme oder Licht zu gewinnen. Angesichts einer rasant wachsenden Weltbevölkerung, der Übernutzung fossiler Rohstoffe, der schwindenden Biodiversität und des Klimawandels ist es dringend notwendig, die vorhandenen Ressourcen nachhaltig zu nutzen. Biologische Prozesse und Kreisläufe sind hierfür das beste Vorbild. Die Bioökonomie ist eine Wirtschaftsform, in der biologische Ressourcen und biologisches Wissen genutzt werden, um nachhaltige Innovationen für alle Anwendungsfelder und Wirtschaftssektoren zu schaffen. Sie hat das Ziel, biologische Ressourcen und biologisches Wissen zur nachhaltigen Deckung unseres Bedarfs an Rohstoffen, Produkten und Dienstleistungen zu erforschen und anzuwenden. Die Idee dahinter ist nicht neu – durch technologische Fortschritte und die Digitalisierung stehen heutzutage jedoch vielfältige neue Möglichkeiten zur Verfügung, um das biologische Wissen zu erweitern und für ein nachhaltiges Wirtschaften zu nutzen.

Weltweit nimmt die Bedeutung der Bioökonomie stetig zu. Viele Länder sind mittlerweile dem deutschen Vorbild gefolgt und haben explizite Bioökonomie-Strategien veröffentlicht. Der Wandel zu einer ressourcenschonenden Lebens- und Wirtschaftsweise ist jedoch mit komplexen Herausforderungen verknüpft, die ein Umdenken in vielerlei Bereichen erfordern. Die Interessen aller beteiligten Akteure müssen in der Bioökonomie sorgfältig abgewogen werden. Enge Kooperationen und die Kommunikation zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sind daher für den Übergang in die Bioökonomie essenziell.

Themen der Bioökonomie
Die Bioökonomie erstreckt sich über alle Branchen und Sektoren, die biologische Ressourcen produzieren, be- und verarbeiten oder in irgendeiner Form nutzen. Hierzu zählen unter anderem Land- und Forstwirtschaft Fischerei und Aquakulturen, Pflanzenzüchtung, Nahrungsmittelindustrie sowie die Holz-, Textil- und chemische Industrie.

Eine zentrale Säule der Bioökonomie ist ganz klar die Biotechnologie. Enzyme, Zellen und Mikroorganismen werden in der Biotechnologie gezielt eingesetzt, etwa um Plastik und andere Schadstoffe abzubauen, um Abwässer aufzubereiten oder Wirkstoffe herzustellen. Dank der Nutzung moderner Technologien werden unsere Möglichkeiten, biobasierte Inhaltsstoffe und High-Tech-Produkte mit maßgeschneiderten Eigenschaften zu produzieren, ständig erweitert.

Auch die Pflanzen-, Boden und Agrarforschung spielt eine wichtige Rolle für die Bioökonomie. So kann etwa die Pflanzenzüchtungsforschung dazu beitragen, Erträge von Pflanzen zu steigern oder sie widerstandsfähiger gegen Krankheiten, Hitze oder Trockenheit zu machen. Damit können Folgen des Klimawandels abgemildert und ein Beitrag zur Sicherung der globalen Ernährung geleistet werden. Pflanzen können jedoch nur dann gut wachsen und gedeihen, wenn ein gesunder Boden sie nährt. In der Bodenforschung liegen daher die Schwerpunkte auf der nachhaltigen Nutzung und dem Schutz unserer Böden. Die zukünftige Agrarproduktion muss nachhaltig, ressourceneffizient und anpassungsfähig sein. Hierfür werden unterschiedliche Modelle und Ansätze verfolgt, die unter anderem Möglichkeiten der Automatisierung und Digitalisierung und der standortgerechten Produktion einschließen.

Umwelt- und ressourcenschonend erstellte Produkte und Dienstleistungen sind ein wichtiger Teil der Bioökonomie. Bereits heute existieren viele Produkte, die aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt werden oder bei denen Abfall- und Reststoffe als Produktionsmaterialien verwenden. Das können beispielsweise Trinkbecher aus Kaffeesatz oder Textilien aus Bananenschalen sein. Auch alternative Eiweißlieferanten wie Insektenfood sind Forschungsschwerpunkte der Bioökonomie.

Der Wandel hin zu einer nachhaltigen biobasierten Wirtschaftsweise wird wesentlich durch wissenschaftliche und technische Innovationen vorangetrieben. Sein Gelingen hängt aber entscheidend von gesellschaftlichen Faktoren ab. Aus diesem Grund liegt in der Bioökonomie-Forschung ein wichtiger Schwerpunkt auf den Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft, Wirtschaft, Technik und Ökologie.

Bioökonomie – Wichtige Beiträge zu den Nachhaltigkeitszielen (SDGs) der Vereinten Nationen

Die Bioökonomie kann Lösungsansätze für eine Vielzahl der großen Herausforderungen unserer Zeit bieten. Eine besondere Relevanz hat sie für die 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen. 2015 hat sich die Weltgemeinschaft unter dem Dach der Vereinten Nationen zu 17 globalen Zielen für eine bessere Zukunft verpflichtet. Zu rund einem Dutzend der formulierten Ziele kann die Bioökonomie wichtige Impulse liefern. Unter anderem kann durch das Zusammenspiel technologiebasierter Ansätze mit biologischen Ansätzen die Effizienz, Resilienz und Umweltverträglichkeit in der Landwirtschaft gesteigert werden. Hiermit wird ein wichtiger Beitrag zu SDG2 „Kein Hunger" geleistet. Die Substitution fossiler Rohstoffe durch biobasierte Ressourcen sowie die Schließung von Kreisläufen kann einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks in der Wirtschaft leisten und damit zu SDG 12 „Nachhaltiger Konsum, nachhaltige Produktion" beitragen. Biologische Verfahren zur Abwasserreinigung tragen zu SDG 6 „Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen" bei. Die Nutzung biobasierter Materialien und Übertragung biologischer Prinzipien auf technologische Systeme und Infrastrukturen, beispielsweise in Städten, liefert einen zentralen Beitrag zu SDG 9 „Industrie, Innnovation und Infrastruktur".

Wissenschaftsjahr 2020 – Die Bioökonomie in der Gesellschaft verankern

Seit 20 Jahren stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit der Initiative Wissenschaft im Dialog (WiD) jährlich eine Wissenschaftsdisziplin oder ein aktuelles Wissenschaftsthema in den Mittelpunkt. In diesem Jahr ist es die Bioökonomie, weil ihr Ansatz, eine nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise zu erzielen, nicht aktueller nicht sein könnte. Die Bioökonomie nimmt in Wissenschaft, Politik und Industrie bereits heute eine zentrale Rolle ein. In der öffentlichen Wahrnehmung ist sie hingegen – trotz der gesellschaftlichen Relevanz – wenig sichtbar. Der Begriff Bioökonomie ist vielen Menschen nicht bekannt, wird auf das Thema Gentechnik und Zielkonflikte reduziert oder fälschlicherweise mit einer Ökonomisierung der Natur gleichgesetzt. Im Wissenschaftsjahr sollen daher Zielsetzungen, Möglichkeiten und Herausforderungen der Bioökonomie mit Hilfe von konkreten Anwendungsbeispielen bekannter gemacht werden.

Da die Gestaltung der Bioökonomie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, sind Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich zum Mitgestalten der Bioökonomie aufgefordert. Hierfür werden Forschende verschiedener Fachgebiete mit Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zusammengebracht werden. Gemeinsam mit einer Vielzahl an Partnern soll an aktuellen Debatten angeknüpft und der Dialog über die Bioökonomie gefördert werden. Im Wissenschaftsjahr werden insbesondere gesellschaftlich relevante Themen platziert und auf vielfältige und teils spielerische Weise vermittelt. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Forschungseinrichtungen, jeder soll im Wissenschaftsjahr zum Mitmachen eingeladen werden.