Online-Workshop der „Begleitforschung nachhaltige Mobilität“: Kommunen diskutieren Ansätze zur Wirkungsevaluation nachhaltiger Mobilität und Nutzung von Experimentierklauseln

Am 5. November lud die „Begleitforschung nachhaltige Mobilität“ (BeNaMo) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) kommunale Vertreterinnen und Vertreter zu einem Online-Workshop ein.

Die transdisziplinäre Forschung in Experimentierräumen auf kommunaler Ebene und die Evaluation der Wirkung von dort erprobten Mobilitätswendemaßnahmen sind zentrale Elemente der gerade gestarteten zweiten Phase der Fördermaßnahme „MobilitätsWerkStadt 2025". In dieser werden insgesamt 14 Forschungsverbünde über drei Jahre ihre in der ersten Phase entwickelten Mobilitätskonzepte in Reallaboren umsetzen.

Im ersten Teil des Workshops wurde ein von BeNaMo erarbeitetes Konzept mit möglichen Indikatoren für die Wirkungsevaluation vorgestellt. Hierzu gehörten CO2-Einsparungen und Flächeninanspruchnahme durch Verkehr sowie die politische und gesellschaftliche Akzeptanz von Maßnahmen zur nachhaltigen Mobilität. In einem interaktiven Rahmen diskutierten die rund 40 Teilnehmenden konstruktiv die Vorschläge, insbesondere hinsichtlich der Eignung und praktischen Anwendbarkeit. Es zeigte sich u.a., dass Indikatoren wie die CO2-Einsparung und verkehrliche Flächeninanspruchnahme schwieriger in allen Kommunen und Reallaboren gleichermaßen zu erheben sind als die politische und gesellschaftliche Akzeptanz von Mobilitätswendemaßnahmen. Generell wurde seitens der kommunalen Vertreter für qualitative anstatt quantitativer Erhebungen über die Projektlaufzeit plädiert. Als problematisch wurde in vielfacher Hinsicht gesehen, dass Wirkungen konkreter Maßnahmen in der kurzen Projektlaufzeit schwer zu quantifizieren und der Raumbezug nicht passfähig sei. So basieren z.B. viele verfügbare Referenzwerte zu Emissionen oder dem Modal Split auf Querschnittserhebungen über Stadtteile hinweg und sind für den Vergleich mit kleinräumigeren Reallaboren nicht geeignet. In kleineren Kommunen würden Maßnahmen im Zuge der Mobilitätswende aufgrund fehlenden Spielraums für einen Rückbau auch eher mit Flächenumverteilungen einhergehen anstatt mit einer Reduktion von Verkehrsflächen.

Ein zentrales und wichtiges Ergebnis des Workshops war somit, dass das Indikatoren-Set noch flexibilisiert werden muss, da sich aus den verschiedenen Ausgangslagen in den Kommunen, den unterschiedlichen Themenschwerpunkten der Projekte und der vielgestaltigen räumlichen Kontexte der Reallabore unterschiedliche Anforderungen an die und Möglichkeiten für die Indikatorik ergeben. BeNaMo wird die Erkenntnisse aus den Diskussionen, die eingebrachten Ideen und identifizierten Umsetzungshemmnisse nun im Detail auswerten und das Evaluationskonzept für die Fördermaßnahme entsprechend anpassen.

Die Nutzung rechtlicher Möglichkeiten für Experimentierräume und von Experimentierklauseln im Verkehrsbereich stand im Fokus des zweiten Workshop-Teils. Einführend wurde von Prof. Andreas Knie (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) ein Rechtsgutachten vorgestellt, welches der Frage nachgeht, wie im öffentlichen Verkehrsrecht sichergestellt werden kann, dass die Klimaziele im Verwaltungsvollzug auch auf kommunaler Ebene erreicht werden.

Im Anschluss gewährten Felix Weisbrich (Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Berlin) und Ulrich Berghof (Bürgermeister der Stadt Drolshagen) aufschlussreiche Praxiseinblicke in die Nutzung rechtlicher Spielräume unterhalb der Experimentierklauseln am Beispiel der Einführung temporärer Pop-up-Radwege in Berlin bzw. des Einsatzes autonom fahrender Shuttles als Mittel des öffentlichen Nahverkehrs in ländlichen Gebieten. Hieraus entwickelte sich bis zum Ende des Workshops eine rege Diskussion und Austausch über das Experimentieren in Reallaboren, u.a. zur Übertragbarkeit der vorgestellten Praxisbeispiele, der Bedeutung und dem richtigen Einsatz partizipativer Elemente sowie der Rolle einer agilen Verwaltung mit kürzeren Planungsphasen. Es wurde festgestellt, dass die Umsetzung von experimentellen Mobilitätsinnovationen Mut zur Nutzung der rechtlichen Spielräume, politischen Willen und Rückendeckung sowie Unterstützung aus der Wissenschaft benötigt.