SONNE-Expedition: Forschende entdecken Schatz der Artenvielfalt in der Tiefsee

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat ein weltweit einzigartiges geologisches System am Meeresboden entdeckt. Bei einer Expedition mit dem Forschungsschiff SONNE stießen sie vor der Küste Papua-Neuguineas auf das „Karambusel“-Feld, an dem heiße Quellen und Methanaustritte unmittelbar nebeneinander vorkommen. Der Fund ist nicht nur für die Geologie bedeutsam, sondern eröffnet auch neue Einblicke in die Entwicklung von Leben in der Tiefsee. Gefördert wurde die Expedition vom Bundesministerium für Foschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR).

Bei diesem neuartigen Typ eines Hydrothermalfeld treten zwei Prozesse gleichzeitig auf: der Austritt heißer hydrothermaler Fluide sowie ungewöhnlich großer Mengen Methan sowie weiterer Kohlenwasserstoffverbindungen. Es ist weltweit das erste bekannte System in dieser Kombination. Das Hydrothermalfeld liegt in rund 1.300 Metern Wassertiefe an einer Flanke des Conical Seamount im westlichen Pazifik vor Papua-Neuguinea. 

Erfolgreicher Einsatz des Tauchroboters

„Wir haben hier im Grunde eine heiße Quelle, die direkt neben einer kühlen Gasquelle sprudelt – so etwas ist bisher noch nie beschrieben worden“, sagt Dr. Philipp Brandl, Meeresgeologe am GEOMAR und Fahrtleiter der Expedition SO299 DYNAMET, die 2023 zur Tabar-Lihir-Tanga-Feni-Inselkette führte, um die dortigen Unterwasservulkane zu erforschen. Zwar hatten frühere Expeditionen leichte Anzeichen für hydrothermale Aktivität gezeigt, doch das Feld war unentdeckt geblieben. Erst der Einsatz des Tauchroboters ROV Kiel 6000 brachte die Besonderheiten dieser Unterwasserlandschaft ans Tageslicht. „Das war eine echte Überraschung“, sagt Brandl, „besonders für diejenigen unter uns, die schon mehrfach an diesem Ort gearbeitet hatten.“ In einer Studie in der Fachzeitschrift Scientific Reports beschreiben die Forschenden ihre Entdeckung.

Heiße Flüssigkeit und kaltes Gas spudeln nebeneinander

Normalerweise treten Hydrothermal- und Methanquellen an unterschiedlichen Orten am Meeresboden auf. Dass sie hier direkt nebeneinander austreten, liegt an der besonderen Geologie des Conical Seamount: Unter der vulkanischen Struktur lagern mächtige Sedimentschichten, die organisches Material enthalten. Die Wärme des aufsteigenden Magmas heizt diese Schichten auf – dabei entstehen Methan und andere Kohlenwasserstoffe. Gleichzeitig treibt dieselbe magmatische Wärme mineralreiche Fluide nach oben, die am Meeresboden als heiße Quellen austreten. Beide Fluide – das heiße Wasser aus der Tiefe und die kühleren Gase aus den Sedimenten – nutzen dieselben Wege nach oben. So kommt es, dass heiße Flüssigkeit und kaltes Gas nur wenige Zentimeter voneinander entfernt aus dem Boden sprudeln.

Dichte Muschelteppiche und neue Arten

Diese hybride Umgebung schafft einen besonderen Lebensraum für eine artenreiche Tierwelt: Dichte Felder der Muschel Bathymodiolus, Röhrenwürmer, Garnelen, Springkrebse und lila Seegurken überziehen die Felsen. „Teilweise war kein Stück Gestein mehr zu sehen, weil alles so dicht besiedelt ist“, sagt Brandl, „wir sind sicher, dass darunter auch Arten sind, die bislang noch nicht beschrieben wurden. Aber um dieses besondere Habitat umfassend zu erforschen, wäre eine eigene Expedition notwendig.“ Aufgrund der dichten Muschelteppiche haben die Wissenschaftler:innen dem Feld gemeinsam mit der University of Papua New Guinea den Namen „Karambusel“ gegeben. In der lokalen Sprache bedeutet das „Muschel“.

Gold und Silber im Untergrund

Die besondere Gaszusammensetzung am Karambusel-Feld beeinflusst nicht nur die Lebensgemeinschaften, sondern auch die Geologie. Weil das austretende Methan mit über 80 Prozent ungewöhnlich hoch konzentriert ist und gleichzeitig heiße Fluide aus dem Magma aufsteigen, entstehen im Untergrund ganz eigene chemische Bedingungen. Dabei lagern sich Metalle wie Gold und Silber zusammen mit Elementen wie Arsen, Antimon und Quecksilber im Gestein ab. Das Gebiet trägt somit die Spuren einer früheren, hochtemperierten Phase mit Edelmetallen 

Gefährdung durch Bergbauaktivitäten

So einzigartig Geologie und Biologie an diesem Ort sind, so bedroht ist er auch. In der Region wird bereits Bergbau betrieben – etwa in der Ladolam-Goldmine auf Lihir, die Abraum und Rückstände ins Meer einleitet. Und es bestehen Explorationslizenzen für Mineralien und Kohlenwasserstoffe im Meeresboden. Das gefährdet den empfindlichen Lebensraum mit seiner hochspezialisierten Tierwelt. „Mit dem Karambusel-Feld haben wir einen unerwarteten Schatz der Artenvielfalt entdeckt, den es zu schützen gilt, bevor wirtschaftliche Interessen ihn zerstören“, betont Brandl.

Zur Publikation:

Brandl, P. A., Sander, S. G., Beier, C. et al. (2025): Coupled hydrothermal venting and hydrocarbon seepage discovered at Conical Seamount, Papua New Guinea. Scientific Reports. https://doi.org/10.1038/s41598-025-17192-x