Vermeidung von klimarelevanten Prozessemissionen in der Industrie (KlimPro-Industrie)

Richtlinie zur Förderung von Projekten zum Thema „Vermeidung von klimarelevanten Prozessemissionen in der Industrie (KlimPro-Industrie)“, Bundesanzeiger vom 26.07.2019

Der Klimaschutzplan 2050 gibt eine grundlegende Orientierung für die Umsetzung der nationalen Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens. Er erfasst alle relevanten gesellschaftlichen Handlungsfelder: Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft sowie Landnutzung und Forstwirtschaft. Ziel ist es, bis zum Jahr 2050 eine weitgehende Treibhausgasneutralität in Deutschland zu erreichen. Bis spätestens 2030 müssen die gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland gemäß Beschluss der Bundesregierung um mindestens 55 % gegenüber dem Jahr 1990 vermindert werden.

Der Sektor Industrie war im Jahr 2017 mit 200 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten der zweitgrößte Treibhausgas­emittent in Deutschland. Er hat einen Anteil von rund 20 % an den Treibhausgasemissionen in Deutschland. Etwa 38 % der Industrieemissionen sind nicht auf die Nutzung von Energie, sondern direkt auf Produktionsprozesse in der Grundstoffindustrie zurückzuführen, beispielsweise bei der Eisen- und Stahlherstellung, bei der Kalk- und Zementherstellung oder auch in der Grundstoffchemie. Derzeit gibt es verschiedene technologische Möglichkeiten, um Treibhausgasemissionen in der Industrie zu vermindern. Zur direkten Vermeidung von Treibhausgasen können die relevanten Prozesse durch neue Technologien und Verfahren in der Industrie ersetzt werden (Carbon Direct Avoidance – CDA). Eine indirekte Vermeidung von Treibhausgasen kann beispielsweise durch die Nutzung von CO2-Emissionen (Carbon Capture and Utilization – CCU) oder durch eine langfristige Speicherung der Treibhausgase (Carbon Capture and Storage – CCS) erfolgen.

Insgesamt erfordert das Ziel der Treibhausgasneutralität einen langfristig angelegten grundlegenden Wandel der Gesellschaft. Klimaschutz ist dabei aber auch Treiber einer Modernisierungsstrategie für Effizienz und Innovation. Wirtschaftlichen Erfolg und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der industriellen Produktion und des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland werden so, auch unter den Bedingungen einer ambitionierten Klimaschutzpolitik, erhalten. Daher werden im Rahmen dieser Richtlinie bevorzugt hoch innovative Themen gefördert, die zur direkten Vermeidung von treibhauswirksamen Emissionen in der Industrie beitragen.

Diese Fördermaßnahme trägt zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050, der Hightech-Strategie 2025 und des Rahmenprogramms „Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA3)" der Bundesregierung bei.

1 Förderziel, Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1 Förderziel und Zuwendungszweck

Deutschland hat sich mit dem Klimaschutzplan 2050 zu ambitionierten Zielen im Klimaschutz verpflichtet. Der Industrie kommt sowohl hinsichtlich der freigesetzten Treibhausgase als auch zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland eine besondere Rolle zu.

Ziel dieser Förderrichtlinie ist es, die deutsche Grundstoffindustrie zu befähigen, treibhausgasvermeidende Prozesse und Verfahrenskombinationen zu entwickeln und mittel- bis langfristig in die Praxis zu überführen. Hierzu sollen neue Technologien oder Technologiekombinationen entwickelt und exemplarisch angewendet werden, die möglichst zur direkten Vermeidung von Treibhausgasen in der Industrie beitragen. Es sollen neue Ansätze aus der industriellen anwendungsorientierten Grundlagenforschung mit einem erheblichen Innovationspotenzial erforscht werden sowie das langfristige Implementierungspotenzial neuer Technologien hinsichtlich Einsatzfähigkeit in der Industrie und unter Berücksichtigung notwendiger infrastruktureller Investitionsmaßnahmen und Wirtschaftlichkeitsaspekten abgeschätzt werden. Auf diese Weise soll ein konkretes Nutzungspotenzial herausgearbeitet werden und die Voraussetzung für weiterführende Innovationsprozesse hinsichtlich einer industriegetriebenen Weiterentwicklung und Verwertung geschaffen werden. Die Forschungsarbeiten dienen somit auch dazu, insbesondere die beteiligten Unternehmen zu ­befähigen, das Potenzial und Risiko für eine Überführung in die wirtschaftliche Nutzung bewerten zu können.

Ein besonderer Fokus dieser Förderrichtlinie liegt auf Projekten, die einen systemischen Ansatz bei der Betrachtung der neuen Technologien und Verfahrenskombinationen im Zentrum ihrer Entwicklung haben und größere Bereiche der betroffenen Wertschöpfungsketten betrachten. Deshalb sollen im Rahmen dieser Förderrichtlinie Projekte mit starker Wirtschaftsbeteiligung, idealerweise unter industrieller Federführung, gefördert werden. Für jedes Projekt sollen begleitende Lebenszyklusanalysen erfolgen, die eine Betrachtung der Treibhausgasemissionen der Prozesse sowie des ­damit assoziierten Energieaufwands und der damit einhergehenden Wirtschaftlichkeit erlauben.

Eine europäische oder internationale Zusammenarbeit wird begrüßt, sofern ein Mehrwert für Deutschland zu erwarten ist und der überwiegende Teil der Ergebnisse in der Bundesrepublik Deutschland oder dem EWR und der Schweiz genutzt wird.

Zuwendungszweck dieser Förderrichtlinie ist:

  • die Stärkung der Innovationskraft der deutschen Grundstoffindustrie,
  • die Entwicklung neuer treibhausgasvermeidenden Technologien, Verfahren und Verfahrenskombinationen,
  • die Überprüfung der Umsetzbarkeit neuer Technologien für eine wirtschaftliche Nutzung und Verwertung,
  • die Qualifizierung neuer Ansätze und Technologien für industriegetriebene Anschlussprojekte und Umsetzungsmaßnahmen.