Systemische Forschung und projektübergreifende Vernetzung für die nachhaltige Zukunftsstadt

Mit der Leitinitiative Zukunftsstadt bringt das BMBF Forschung für die nachhaltige Stadtentwicklung voran. Das Besondere dabei ist der integrierte, systemische Ansatz: Nachhaltigkeit ist nicht nur eine Frage einzelner Verbesserungen bei der Straßenbeleuchtung oder der Verkehrsplanung. Vielmehr gilt es, einen umfassenden Wandel anzustoßen, der die verschiedenen Sektoren umfasst und die Gesellschaft mitnimmt. Diesen Ansatz unterstützt das Synthese- und Vernetzungsprojekt Zukunftsstadt (SynVer*Z).

Die nachhaltige Zukunftsstadt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Forschung kann dabei einen entscheidenden Beitrag leisten, die Herausforderungen zu meistern – durch neue Ideen und Innovationen für Klimaschutz und Klimaanpassung, nachhaltige Mobilität und ressourcenschonende urbane Produktion. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt deshalb mit einer Reihe von Fördermaßnahmen Forschungsprojekte zur nachhaltigen Stadtentwicklung. Diese Forschungsprojekte greifen zum einen ganz konkrete Probleme auf und bearbeiten diese transdisziplinär, d.h. zusammen mit Kommunalverwaltungen, Unternehmen und weiteren Akteuren vor Ort. Zum anderen ist die Förderung des BMBF integriert und systemisch ausgerichtet: die Projekte bearbeiten Fachfragen nicht nur separat und im „Tunnelblick-Modus". Sie nehmen vielmehr häufig thematische Schnittstellen in den Blick und stoßen dabei auch neue Themenfelder auf.

Integrative Perspektiven auf das kommunale Handeln: Beispiel Grünflächen im Klimawandel

Viele Zukunftsstadtprojekte widmen sich Zusammenhängen, die in der kommunalen Verwaltung oft noch getrennt voneinander behandelt werden – z.B. Klimaanpassung und Grünflächenentwicklung. Indem Grünflächen Regenwasser versickern und verdunsten lassen und Schatten spenden, leisten sie einen wichtigen Beitrag für das Stadtklima und für die städtische Klimaanpassung. Projekte wie netWORKS 4 oder iResilience befassen sich deshalb mit der Kopplung von grau-grün-blauen Infrastrukturen und urbanen Resilienzstrategien. Ihre Ergebnisse kommen unmittelbar den aktuellen Anstrengungen der deutschen Städte zur Klimaanpassung zu Gute.

Projekte wie HeatResilientCity demonstrieren, dass städtisches Grün die Hitzebelastung von Gebäuden durch Verschattung effektiv reduzieren kann. Städtische Hitzeinseln lassen sich aber nicht allein über solche lokale Maßnahmen in den Griff bekommen. Mindestens ebenso einflussreich sind bauliche Aktivitäten und Nachverdichtung, wie das Projekt ZURES zeigt. Andersherum belastet der Klimawandel aber auch die Funktionsfähigkeit von Grünflächen und urbanem Grün. Damit Grünflächen lang anhaltende Trockenperioden überstehen, braucht es eine funktionierende Pflege. Mehrere Projekte forschen daher an neuen Bewässerungskonzepten, also an der Schnittstelle zur urbanen Infrastruktur, und an neuen Betreibermodellen für öffentliche, halböffentliche und private Grünflächen.

Entsprechend werden der öffentliche Raum und auch der unbebaute private Raum zukünftig an Bedeutung gewinnen. Gerade für die Klimaanpassung werden Flächen benötigt. Deshalb ist es wichtig, dass Flächen neu verteilt werden – etwa indem durch den Rückbau der autogerechten Stadt und neue, effiziente Mobilitätsformen der Bedarf an Verkehrsflächen reduziert wird.

Systemische Perspektive lenkt den Blick auf das Wie der urbanen Transformation

Ein weiteres Beispiel ist die Energiewende. Sie betrifft nicht nur eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure, sondern auch unterschiedliche Räume und Landschaften. Mit den spezifischen Herausforderungen in Städten befasst sich das Projekt Urbane Wärmewende: Es bezieht Forschung und Umsetzung im Energiebereich explizit auf Städte und bewegt sich damit an der Schnittstelle zwischen Energie- und Stadtforschung. Für die urbane Wärmewende gilt es, lokale Wärmequellen zu nutzen, Sanierungsraten und -tiefen der Gebäude zu erhöhen und Fernwärmenetze zu dekarbonisieren. Die Hemmnisse in diesen Transformationsprozessen sind häufig nicht technischer Natur, sondern organisatorisch, institutionell und akteursbezogen. Hier zeigt sich der Mehrwert einer integrierten und sozial-ökologischen Perspektive auf die Energieforschung in der Stadt, die Fragen der Partizipation und Akzeptanz in den Mittelpunkt rückt.

Innovative Formate für die urbane Transformation

Die BMBF-Projekte zur Zukunftsstadt stoßen Transformationen am konkreten Ort an. Das Mittel der Wahl sind dabei Reallabore, in denen experimentell gute Lösungen entwickelt werden. Reallabore bereichern Stadtforschung wie Stadtplanung gleichermaßen. Stellvertretend für viele stehen Projekte wie Migrants4Cities, BREsilient oder GoIngVis. Für die Akteure der kommunalen Praxis ist es dabei wichtig, stabile Netzwerke und Strukturen zu entwickeln, die über die Laufzeit der einzelnen Projekte hinaus reichen.

Im Projektverlauf bringen Experimente auch unerwartete Ergebnisse, mit denen umzugehen die Verbundpartner durchaus herausfordert. Das Projekt KlimaNetze startete mit dem Ziel, lokale Netzwerke für kommunalen Klimaschutz zu stärken. Die Auswahl der Reallabore in einem ergebnisoffenen Beteiligungsprozess ergab einen unerwarteten Fokus auf das Handlungsfeld Verkehr. Verkehrsplanung und Mobilitätsforschung waren im Verbund nicht vertreten, aber das Projektteam vernetzte sich gezielt mit anderen Mobilitätsprojekten aus der Zukunftsstadtforschung, um weitere fachliche Perspektiven einzuholen.

Gezielte Vernetzung für projektübergreifende Lerneffekte

Hier zeigt sich beispielhaft, dass die Vernetzung der verschiedenen Projekte in der Leitinitiative Zukunftsstadt für einen deutlichen Mehrwert sorgt. Deshalb fördert das BMBF das begleitende Synthese- und Vernetzungsprojekt Zukunftsstadt (SynVer*Z). Dieses Projekt organisiert den inhaltlichen Austausch zwischen den Projekten der Fördermaßnahmen Umsetzung der Leitinitiative Zukunftsstadt sowie Nachhaltige Transformation urbaner Räume. In Workshops zu Fokus- und Querschnittsthemen tauschen die Projekte Erfahrungen und Ideen aus. Die Ergebnisse unterstützen die Arbeit der einzelnen Projekte – bilden aber auch gleichzeitig die Basis für übergreifende Syntheseprodukte. Das Thema „Urbane Produktion" wurde beispielsweise bereits in mehreren Veranstaltungen beleuchtet und in einem Synthesepapier aufbereitet.