Zentimetergenau die Ostsee vermessen

Europäische Ostsee-Anrainer fördern neues Forschungsprojekt ECOMAP zur ganzheitlichen Kartierung des Meeresbodens mit 2,5 Millionen Euro.

Die Ostsee ist ein einzigartiges Ökosystem für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Gleichzeitig ist sie durch Fischerei, Offshore-Windenergie und Schifffahrtswege ein stark genutztes Binnenmeer. Schutz und Nutzen miteinander in Einklang zu bringen, zählt daher zu den zukünftigen Herausforderungen für die europäischen Anrainerstaaten. Im neuen Forschungsprojekt ECOMAP (Baltic Sea Environmental Assessments by innovative opto-accoustic remote sensing, mapping and monitoring), koordiniert von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), werden in den kommenden drei Jahren zum ersten Mal verschiedene, innovative Methoden zur Fernerkundung des Meeresbodens eingesetzt und die so erhobenen Daten zusammengeführt. Dabei werden optische und akustische Verfahren miteinander verbunden. Von einem umfassenden Blick auf den Meeresboden der Ostsee versprechen sich die Forschenden besonders bodenlebende Tiere, Algen und Pflanzen erfassen zu können. Die Ergebnisse sollen für die Meeresraumplanung, den Küstenschutz und die nachhaltige Nutzung der Meere angesichts des Wirtschaftswachstums in der Ostsee-Region genutzt werden. Das Projekt ECOMAP wird vom transnationalen Forschungs- und Entwicklungsprogramm für den Ostseeraum BONUS der Europäischen Union gemeinsam mit dem Bundesforschungsministerium mit 2,5 Millionen Euro gefördert und umfasst ein Konsortium von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Universitäten und Institutionen aus Deutschland, Polen und Dänemark.

[[22633_r]]Die ganzheitliche Kartierung des Meeresbodens der Ostsee mit seinen Lebensgemeinschaften und Habitaten wie die Seegraswiesen stellte Forschende bisher immer wieder vor neue Herausforderungen. Im BONUS Projekt ECOMAP wird der Meeresboden von Flugzeugen und Schiffen aus sowie direkt vom Meeresboden her kartiert. Dies ermöglicht einen genauen Blick auf die obersten belebten Schichten des Meeresbodens bis in eine Tiefe von zwei Metern. „Die neuen Methoden und die komplexe Verarbeitung der Daten aus den verschiedenen Messungen sind Neuland in der Forschung, ordnet Dr. Jens Schneider von Deimling vom Institut für Geowissenschaften an der Universität Kiel und Koordinator des Projektes die Forschung ein. „Wir erhoffen uns Messungen mit einer Genauigkeit im Zentimeterbereich und so ein neues Bild der Beschaffenheit, aber auch der Veränderungen in der Ostsee.

Bisher völlig unverstanden ist, ob und welche Lebewesen die neuen Fernerkundungssensoren über die eingesetzten Schallwellen, Licht und Laser erkennen können. Jüngste Messungen per Flugzeug mit modernstem Lasergerät (LiDAR) stimmen die Forschenden zuversichtlich. „Unsere erste Durchsicht der Laserdaten zeigt, dass sich beispielsweise die Verbreitung der ökologisch und ökonomisch bedeutenden Seegraswiesen der Ostsee vom Flugzeug aus erfassen lassen, freut sich Schneider von Deimling. Bestätigen sich die Ergebnisse, wäre erstmals eine effiziente großflächige Kartierung des Ostseebodens möglich und damit ein umfassendes Bild der Meeresumwelt und der natürlichen wie menschengemachten Veränderungen. Die Daten spielen für die Forschung selbst, aber auch für Behörden und Politik eine große Rolle, beispielsweise bei der Ausweisung neuer Schutzgebiete oder geeigneter Flächen für neue Offshore-Windanlagen. Interessensvertreter aus verschiedenen Bereichen wie Behörden und Industrie sind daher bereits von Beginn an in dieses Projekt eingebunden. Praktischen Nutzen dürften die Erkenntnisse außerdem für Fischerei, Schifffahrt und der Archäologie bieten. Die im Projekt entwickelten Forschungsmethoden sind für die gesamte Ostsee geeignet und könnten gegebenenfalls weltweit auf alle küstennahen Bereiche angewendet werden.