Weltverbrauchertag am 15. März: Wie kann Konsum nachhaltiger werden?

Anlässlich des Weltverbrauchertags am 15. März 2020 berichtet der Förderschwerpunkt Sozial-ökologische Forschung zu Projekten rund um nachhaltigen Konsum und zu den besonderen Herausforderungen in Zeiten der Digitalisierung - im Monatsthema März auf fona.de.

Der Wecker klingelt, die Heizung läuft, schnell eine heiße Dusche. Die elektrische Zahnbürste brummt. Was ziehe ich an? Der Capuccino auf Knopfdruck und mein Lieblingsmüsli mit Hafermilch am Morgen. Was sagt die Wetter App? Ein Blick auf die Uhr. Was? Schon 7:30 Uhr! Ab ins Auto und zur Arbeit... Mit der Routine vergessen wir schnell, wie viele Konsumentscheidungen wir täglich treffen. Jede einzelne kann für mehr oder weniger Nachhaltigkeit sorgen.

Gewohnheiten zu ändern ist schwer, gesellschaftliches Handeln auch. Soziale Transformation nennen das die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Sozial-ökologischen Forschung, die im Auftrag des BMBF mit Partnern aus der Praxis erforschen und erproben, wie eine Entwicklung in Richtung nachhaltigen Konsums gelingen kann.

Verbraucherinnen und Verbraucher können über Nachhaltigkeit entscheiden. Jeder Haushalt in Deutschland gibt im Monat durchschnittlich 2704 Euro für privaten Konsum aus (destatis 2020) - mehr oder weniger nachhaltig.

Die Konsumausgaben steigen – und auch die Umsätze des Online-Handels nehmen zu. Mit dem wachsenden Konsum gehen erhebliche ökologische und soziale Belastungen einher. Der immer früher eintretende sogenannte Erdüberlastungstag macht dies exemplarisch deutlich. 2019 war dieser global am 29. Juli erreicht, der „deutsche Erdüberlastungstag" bereits am 2. Mai 2019. Das bedeutet: Wenn alle Menschen weltweit so leben und wirtschaften würden wie die Bevölkerung in Deutschland, bräuchte die Menschheit rechnerisch drei Erden. Doch das lässt sich ändern. Wie das konkret aussehen kann, daran arbeitet die Sozial-ökologische Forschung des BMBF.

Mit jeder Konsumentscheidung können die Verbraucherinnen und Verbraucher diese Entwicklung mit beeinflussen. Nachhaltig ist Konsum dann, wenn aus ethischen Gründen nicht nur persönliche Bedürfnisse, sondern beim Kauf von Produkten und Dienstleistungen auch deren Umwelt-, Klima- und Sozialverträglichkeit berücksichtigt wird.

Dabei heißt Konsum nicht gleich kaufen. Oft ist weniger mehr – nicht nur für die Umwelt. Stichwort: Suffizienz. Ein anderes Konsumverhalten, das hilft, innerhalb der ökologischen Tragfähigkeit der Erde zu bleiben, ist nicht zwingend gleichbedeutend mit Verzicht (vgl. Fischer, Grießhammer 2013). Vielmehr ändert sich der Nutzen: Zum Beispiel kann ein „Verzicht" auf eine übermäßige Nutzung des Handys den Alltag entschleunigen und zu mehr Wohlbefinden führen. Auch soziale Innovationen, also neue Praktiken, Organisationsformen oder Lebensstile (z.B. Car-Sharing, Repair-Cafés, Kleider-Tauschringe, Bürgerenergiegenossenschaften), bieten Alternativen und fördern Gemeinschaft. Aufgrund von Pfadabhängigkeiten und Widerständen etablierter Interessen stellen sogenannte Exnovationen (Prozess zum Ausstieg aus nicht-nachhaltigen Infrastrukturen, Technologien, Produkten und Praktiken) eine besondere Herausforderung dar.

Zudem richtet die sozial-ökologische Nachhaltigkeitsforschung ihr Augenmerk auf die gesamte Wertschöpfungskette: von der Produktion bis hin zur Entsorgung. Daher ist es auch wichtig, das Angebot nachhaltiger Infrastrukturen, Güter und Dienstleistungen zu verbessern, wie etwa eine Kennzeichnung nachhaltiger Hotels durch das Projekt „Green Travel", das nun in der deutschen Reisebranche etabliert ist.

Ein weiteres Phänomen, dem sich die Nachhaltigkeitsforschung widmet, sind Rebound-Effekte: Davon sprechen die Forschenden, wenn beispielsweise energiesparende Technologien, z.B. in Haushaltsgeräten, Leuchtmitteln oder im Mobilitätssektor, nicht automatisch zu dem erwarteten Rückgang des Energieverbrauchs insgesamt führen. Der Grund: mehr Konsum. Video-Streaming-Dienste führen uns das vor Augen: Im Vergleich zu einer Autofahrt zum Video-Verleih schneidet das Streaming, das Abspielen von Filmen und Serien per Internet, in seiner Ökobilanz zunächst positiv ab. Verändern jedoch die Konsumierenden ihr Verhalten und schauen sie – begünstigt durch die neue Technologie und Flatrate-Angebote – wesentlich mehr Filme und Serien, verpufft dieser Effekt (vgl. Sühlmann-Faul in Höfner & Frick 2019).

Wie kann Konsum nachhaltiger werden? Das ist somit eine komplexe Frage, der sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Sozial-ökologischen Forschung in zahlreichen Projekten widmen. Dabei liegt die Verantwortung für nachhaltigen Konsum nicht allein bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern, vielmehr ist das eine gesellschaftliche Aufgabe für alle Akteure – auch für Unternehmen und die Politik.

Das Monatsthema März „Nachhaltiger Konsum – In Zeiten der Digitalisierung eine besondere Herausforderung" führt in diese Thematik ein, fokussiert auf den Einfluss durch Digitalisierung, gibt Hintergrundinformationen und verweist auf zahlreiche andere spannende Projekte rund um das Thema Nachhaltiger Konsum.