FutureBioCity: Wie städtische Wälder die psychische und physische Gesundheit beeinflussen

Welchen Einfluss haben die Zusammensetzung der Baumarten und die Biodiversität in der Stadt auf deren Fähigkeit, Hitze zu mindern? Wie reagiert unser Gehirn auf städtische Wälder mit unterschiedlichem Grad an Diversität? Das sind Fragen, die Dr. Somidh Saha und seine Kolleginnen und Kollegen vom Projekt FutureBioCity beantworten wollen.

Neugierde und Freude – das sind die Gründe, warum sich Dr. Somidh Saha für den wissenschaftlichen Weg entschieden hat. Er schätzt seinen Beruf als Forscher, weil ihm viel daran liegt, Fragen zur Ökologie und Biologie städtischer Wälder und ihrer Beziehung zu Mensch und Umwelt zu beantworten. „Es ist mir wichtig, Grundlagenforschung zur Artenvielfalt und Ökologie von Pflanzen in einem Gefälle von bebauten zu natürlichen Ökosystemen voranzubringen." Gleichzeitig engagiert er sich für die Entwicklung evidenzbasierter Lösungen und Managementempfehlungen für die Integration städtischer und stadtnaher Wälder in Konzepte der Gesundheitsforschung und den sozial-ökologischen Wandel städtischer Wälder.

FutureBioCity
Städtische Wälder und Grünflächen sind Orte der Ruhe, bieten frische Luft, Abkühlung und Erholung. „Sie sind außerdem sozialer Treffpunkt, dienen als Ort zum Sporttreiben und unterstützen uns beim Stressabbau. Für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit sind sie deshalb von großer Bedeutung. Diese für uns so wichtigen Orte sind aber durch den Klimawandel und das Wachstum der Städte stark bedroht," betont Dr. Saha. Eine Erhöhung der Baumartenvielfalt und der Biodiversität städtischer Grünflächen könnte eine Möglichkeit sein, sich an Klimaveränderungen und Extremwetterereignisse anzupassen.
Dies möchte er mit seinen Kolleginnen und Kollegen im Projekt FutureBioCity untersuchen: „Wir möchten herausfinden, wie städtische Wälder und deren Umgestaltung wahrgenommen werden und wie unser Gehirn auf unterschiedlich ausgeprägte Biodiversität reagiert. Damit wollen wir ermitteln, wie eine grüne Umgebung unsere mentale Gesundheit beeinflusst." Für die körperliche Gesundheit ist die Fähigkeit von Stadtgrün, Hitze zu reduzieren, ebenso von großer Bedeutung. Deshalb untersucht Dr. Saha, wie diese Fähigkeit von den Baumarten und der Artenzusammensetzung abhängt. Ein wichtiger Faktor städtischer Wälder ist schließlich noch ihr Allergiepotenzial durch Pollenbelastung. Für Allergikerinnen und Allergiker kann das ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellen, weshalb die Forschenden herausfinden möchten, welches Allergierisiko mit welchen Baumarten in Verbindung steht.

3D-Scans
Grundlage für die meisten Versuche sind 3D-Scans von städtischen Bäumen mithilfe moderner Laserscanning-Technologien. Damit können Größe, Struktur und Abdeckung der Bäume sowie ihr Anteil an Grünflächen erfasst werden. „Mithilfe der 3D-Scans sowie Untersuchungen des Mikro-Klimas und der Artenvielfalt an den Standorten möchten wir herausfinden, welche Faktoren die Fähigkeit zur Hitzereduzierung beeinflussen. Zudem werden mithilfe von Gehirnscans die neuronalen Effekte und Auswirkungen von Stadtgrün auf die psychische Gesundheit von Studienteilnehmenden untersucht," fasst Dr. Saha zusammen. Eine weitere Studie untersucht das Bewegungsverhalten, indem die Teilnehmenden ein mehrwöchiges Sportprogramm an Standorten mit unterschiedlich starker Artenvielfalt durchlaufen. Mithilfe von Pollenverbreitungsexperimenten und den Laserscanning-Daten werden außerdem Karten zur möglichen Pollenbelastung in Städten erstellt. Schließlich werden diese mit den Gesundheitsdaten der NAKO-Studie verknüpft, einer Langzeitstudie zu Volkskrankheiten in Deutschland. Dadurch möchten Dr. Saha und sein Team den Zusammenhang zwischen der Artenvielfalt, dem Wohnort und der Gesundheit der Studienteilnehmenden analysieren.

Städtische Unterstützung und Bürgerpartizipation
Neben den verschiedenen Institutionen, die Forschung für FutureBioCity betreiben, sind am Projekt die Städte Karlsruhe und Bonn beteiligt. „Die Städte stellen die öffentlichen Grünflächen mit den dazugehörigen Daten bereit und ermöglichen uns eine anwendungs- und praxisorientierte Forschung. Darüber hinaus wollen wir unterschiedlichste Interessensgruppen mit in das Projekt einbinden und uns durch regelmäßige Treffen Feedback zu unserer Vorgehensweise und unseren Ergebnissen einholen," erklärt Dr. Saha. Zu diesen Interessensgruppen gehören städtische Verwaltungen, Forschungseinrichtungen und Organisationen des Gartenbaus und der Forstwirtschaft sowie NGOs und politische Organisationen mit den Themenschwerpunkten Natur- und Klimaschutz. Des Weiteren werden Organisationen mit Schwerpunkt auf mentaler bzw. körperlicher Gesundheit und bürgernahe Initiativen miteinbezogen.

Ein wichtiger Fokus liegt in der aktiven Einbindung der Öffentlichkeit: „Das setzen wir zum Beispiel mit Workshops um, in denen wir mit Bürgerinnen und Bürgern einen zukunftsfähigen städtischen Wald in einem virtuellen Raum gestalten möchten. Dafür nutzen wir Virtual-Reality-Brillen, durch die der virtuelle Raum „betreten" werden kann. In dieser virtuellen Welt können die Beteiligten nach Belieben Bäume platzieren und den städtischen Wald nach ihrer Vorstellung gestalten." Dabei können die verschiedenen Perspektiven und Meinungen der Teilnehmenden erfasst und in den weiteren Projektverlauf mit einbezogen werden. Das Wohlbefinden, das die mentale bzw. körperliche Gesundheit der Bevölkerung miteinschließt, ist im FutureBioCity-Projekt nicht nur Nebenaspekt, sondern zentraler Forschungsfokus.

Ganzheitliche Planung für nachhaltige und gesunde Städte
Obwohl sich das Projekt erst in der Startphase befindet, hat Dr. Saha konkrete Vorstellungen davon, wie es nach Projektende weitergehen soll: „Ich erhoffe mir, dass wir einen umfassenden Leitfaden zur Gestaltung von städtischen Wäldern verfassen können, der dann den entsprechenden Entscheidungsträgerinnen und -trägern als Grundlage für eine zukunftsfähige Grünflächengestaltung dienen kann." Dabei sei es ihm besonders wichtig, dass sein Team mit seinen Empfehlungen zu einem Einklang von gesunder Stadtbevölkerung und gesundem Ökosystem beitragen kann: „Durch eine ganzheitliche Planung können wir somit nicht nur das Wohlbefinden der Stadtbevölkerung steigern, sondern auch langfristig die Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit des städtischen Ökosystems unterstützen."

Von den Verantwortlichen für die Gestaltung der Grünflächen wünsche er sich insbesondere eine Offenheit gegenüber Veränderungen und die Motivation, Grünflächen zukunftsfähig zu gestalten: „Es ist wichtig, dass sich die Verantwortlichen den Herausforderungen bewusst und vor allem dazu bereit sind, mutige Entscheidungen basierend auf wissenschaftlicher Evidenz zu treffen, um eine nachhaltige und gesunde Zukunft für unsere Städte zu schaffen."

BiodivGesundheit

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert mit der Bekanntmachung „Erforschung der Zusammenhänge zwischen Biodiversität und menschlicher Gesundheit" Forschungsprojekte, die grundlegende Beiträge zum Verständnis der Zusammenhänge zwischen einer biodiversen Umgebung und der menschlichen Gesundheit leisten. Die Fördermaßnahme ist Teil der 2019 gestarteten „Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt" (FEdA) des BMBF.