Klimaforschung im Amazonas-Regenwald: Start des Projekts ATTOsynthesis
Seit 2009 fördert das BMFTR die Klimaforschung am deutsch-brasilianischen Atmosphären-Messturm ATTO. Um die wissenschaftliche Arbeit vor Ort weiter zu stärken, baut das Ministerium seine Förderung deutscher Forschungsinstitutionen bis 2028 aus.

Der Amazonas-Regenwald spielt eine zentrale Rolle im globalen Wetter- und Klimasystem: Mit seiner riesigen Fläche von etwa 5,5 Millionen Quadratkilometern ist er der größte Wald der Erde und birgt damit das Potenzial als gigantischer CO2-Speicher. Darüber hinaus ist er ein wichtiger Knotenpunkt für den globalen Wasserkreislauf, da zum Beispiel über die Bäume große Mengen Wasser verdunsten. Dies trägt entscheidend zur Wolkenbildung bei und wirkt sich letztlich auf den weltweiten Niederschlag aus.
Doch wie genau beeinflusst der Klimawandel den Amazonas-Regenwald? Und welche Folgen hat dies für das globale Klima? Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, sammeln und bewerten Forschende aus aller Welt am 325 Meter hohen Messturm „Amazon Tall Tower Observatory", kurz ATTO, regelmäßig Daten aus der Atmosphäre. Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) ermöglichte 2009 gemeinsam mit dem brasilianischen Forschungsministerium MCTI den Aufbau dieser Forschungsinfrastruktur. Über diese Aufbau-Finanzierung hinaus fördert das Bundesforschungsministerium deutsche Forschungsinstitutionen bei der Klimaforschung vor Ort. Aktuell baut das Ministerium dieses Engagement weiter aus und investiert in den kommenden drei Jahren weitere rund fünf Millionen Euro in das Forschungsprojekt „ATTOsynthesis".

ATTO ist derzeit die wichtigste globale Plattform für die Atmosphären-Forschung im Regenwald und trägt zu vielen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen bei. Unter der Projektkoordination des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena setzen die Forschenden im neuen Forschungsprojekt „ATTOsynthesis" darauf, weitere Messdaten aus der Atmosphäre zu gewinnen und für digitale Klima- und Ökosystemmodelle, die das Zusammenspiel von Ökosystem und Atmosphäre abbilden, direkt nutzbar zu machen. In den nächsten drei Jahren planen die Forschenden beispielsweise, Klimamodelle speziell auf die Amazonas-Region anzupassen und die Daten, die aus neuen Messungen am ATTO-Turm gewonnen werden, zur Anpassung der Modelle einzusetzen. Mit den neu angepassten Modellen sollen die Vorhersagen für die Auswirkungen des Klimawandels auf den Regenwald erheblich verbessert werden.
Forschungsministerien aus Deutschland und Brasilien bekräftigen ihr Engagement
Zum Start der aktuellen Forschungsphase ATTOsynthesis mit Förderung durch das BMFTR trafen sich Vertreterinnen und Vertreter der deutschen und brasilianischen Forschungsministerien beim MCTI in Brasilia. Das gemeinsame Treffen diente dazu, die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern am ATTO-Messturm zu stärken und neue Möglichkeiten der Kooperation auszuloten. Neben der Förderung der Forschungsphase ATTOsynthesis von deutscher Seite gab es Neuigkeiten aus Brasilien: Auch das brasilianische Forschungsministerium MCTI sowie der brasilianische Nationale Rat für wissenschaftliche und technologische Entwicklung CNPq werden in den kommenden fünf Jahren Klimaforschung im Rahmen von ATTO mit entsprechenden Projekten fördern.
Zukunft des Amazonas-Regenwalds als riesiger CO2-Speicher gefährdet?
In den vergangenen Jahren konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dank der Beobachtungen und Messungen am ATTO-Turm wichtige Ergebnisse für die Klimaforschung gewinnen. Jüngste Ergebnisse der ATTO-Forschung zeigen zum Beispiel, wie die Funktion des Regenwaldes als Speicher des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bedroht ist. Laut wissenschaftlichen Untersuchungen der ATTO-Forschenden ist der Amazonas-Regenwald in seiner Gesamtheit zurzeit noch eine sogenannte Senke und damit Speicher für atmosphärisches CO2. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede in der Amazonasregion und darüber hinaus. So emittieren derzeit einige östlich an Amazonien angrenzende Regionen, die besonders stark von Abholzung betroffen sind, bereits so viel CO2, dass dies in dieser Region die Aufnahme des Treibhausgases wieder aufhebt. Solche und weitere Forschungsergebnisse tragen dazu bei, rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können, um diesen negativen Trend aufzuhalten und damit die Funktion des Amazonas-Regenwalds als großen CO2-Speicher zu erhalten.
Hintergrund: Das Projekt ATTO erforscht die Rolle des brasilianischen Regenwalds für das Klima
Der Amazonas-Regenwald spielt weltweit eine wichtige Rolle für den Kohlenstoffkreislauf, die Wasserressourcen und damit für das globale Klima. Durch die fortschreitende Abholzung und ihre vulnerable Rolle durch die vom Klimawandel verursachte Erderwärmung sind sie in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Wir wissen noch nicht, wie sich die Amazonasregion durch die Eingriffe des Menschen, die fortschreitende globale Erwärmung und die veränderte Zusammensetzung der Atmosphäre in Zukunft entwickeln wird.
Diese Wissenslücke zu schließen, ist Ziel der deutsch-brasilianischen Forschungskooperation am „Amazon Tall Tower Observatory (ATTO)". Dafür wurden 150 km nördlich der brasilianischen Stadt Manaus im Jahr 2015 im Regenwald ein über 325 Meter hoher Forschungsturm aus Stahl sowie zwei weitere 80 Meter hohe Messtürme errichtet. Hier werden die Austauschprozesse zwischen Regenwald und Atmosphäre kontinuierlich erfasst und analysiert. Geleitet wird die Forschung vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie (MPI-BGC) in Jena und vom brasilianischen Forschungsinstitut für Amazonasforschung, dem Instituto Nacional de Pesquisas da Amazonia (INPA).
Gefördert wird die Forschung und ATTO-Infrastruktur insbesondere vom BMFTR, dem brasilianischen Forschungsministerium (MCTI), der Max-Planck-Gesellschaft und brasilianischen Organisationen wie FAPEAM.
Insgesamt investierte das BMFTR seit 2009 rund 14 Millionen Euro in den Aufbau der Infrastruktur sowie in die ATTO-Forschung. Für die neue ATTOsynthesis-Projektphase von 2025 bis 2028 stehen weitere rund fünf Millionen Euro bereit.