Erfolg für die Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns: BioRescue-Team vergrößert genetische Vielfalt der zukünftigen Nashorn-Population mit drei weiteren Embryonen

Das BMBF-geförderte BioRescue-Projekt konnte drei weitere Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns, das zu den seltensten Großsäugetieren der Welt gehört und vom Aussterben gefährdet ist, erfolgreich erzeugen. Anfang Juli 2021 führte das BioRescue-Team die sechste erfolgreiche Eizellentnahme an Nördlichen Breitmaulnashörnern in Ol Pejeta (Kenia) durch. Unmittelbar nach der Entnahme wurden die 17 gewonnenen Eizellen zur Reifung, Befruchtung, Embryoentwicklung und Kryokonservierung in das Avantea-Labor in Cremona (Italien) geflogen.

Seit Beginn des Projekts hat das BioRescue Team insgesamt 80 Eizellen mit seinem eigenen patentierten Verfahren gewonnen. Dabei wird eine ultraschallgeführte Sonde in das Rektum des Nashorns eingeführt. Mit einer ausfahrbaren Mikronadel können dann Darm und Follikel punktiert und Eizellen gewonnen werden.

Zwei der neuen Embryonen wurden mit dem Sperma des bereits verstorbenen Nördlichen Breitmaulnashornbullen Suni erzeugt, der für alle bisherigen Embryonen genutzt wurde. Suni stammt aus dem aus dem Safaripark Dvůr Králové. Für einen dritten Embryo ist es dem Avantea-Labor erstmals gelungen, das Sperma von Angalifu zu verwenden, einem Nördlichen Breitmaulnashornbullen, der im San Diego Safari Park mehr als ein Vierteljahrhundert lebte und 2014 starb. Sein Sperma sicherten sich BioRescue-Projektleiter Prof. Thomas Hildebrandt und sein Team bereits 2001 und 2005. Damit konnte erstmals das Erbgut eines nicht verwandten Tieres in die kryokonservierte „Embryonen-Population" aufgenommen werden, wodurch die genetische Vielfalt der zukünftigen Nashorn-Population maßgeblich gesteigert wird.

Für alle zwölf bisher erzeugten Embryonen wurden Eizellen der Nashornkuh Fatu eingesetzt. Aufgrund des fortgeschrittenen Alters von Fatus Mutter Nájin und der damit beeinträchtigten Qualität der Eizellen hat das BioRescue-Team nun beschlossen, zukünftig keine weitere Eizellentnahme bei Nájin durchzuführen.

In Ol Pejeta bereitet man sich aktuell auf den Embryotransfer vor. Zwei Weibchen des verwandten Südlichen Breitmaulnashorns, von dem es noch rund 18.000 Tiere gibt, wurden in das Gehege mit Owuan, einem sterilisierten Südlichen Breitmaulnashornbullen, gebracht. Owuan wird mit seinem Deckungsverhalten den Fortpflanzungszyklus dieser Weibchen anzeigen, die als Leihmütter für die Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns dienen sollen. Das Team des Kenia Wildlife Service dokumentiert dafür das gesamte Verhalten zwischen Owuan und den Weibchen. Aus den Beobachtungen werden Fortpflanzungsmuster abgeleitet, die es ermöglichen, einen optimalen Zeitpunkt für den Embryotransfer zu bestimmen. Die ersten Embryo-Einpflanzungen werden voraussichtlich Ende des Jahres erfolgen. Damit wird ein weiterer vielversprechender Meilenstein zur Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns erreicht werden.

Trotz der COVID-19-Pandemie ist das BioRescue-Team bestrebt, in einem drei- bis viermonatigen Zyklus weitere Embryonen aus Eizellen zu erzeugen, um so schnell wie möglich wesentliche Fortschritte zu erreichen und so das Nördliche Breitmaulnashorn vor dem vollständigen Aussterben zu retten.

Das BMBF fördert das Projekt BioRescue im Rahmen seiner Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA) und des Programms „Forschung für Nachhaltige Entwicklung" (FONA). In dem Projekt arbeiten das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) und das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin mit Forschenden und Akteurinnen und Akteuren aus Italien, Kenia, Tschechien, Japan und den USA zusammen.

Hintergrund

Das Nördliche Breitmaulnashorn kann bis zu 2,4 Tonnen schwer sein, ist das drittgrößte afrikanische Tier und hat in der Wildnis eine Lebenserwartung von bis zu 40 Jahren. Aktuell gibt es noch fünf Nashornarten auf der Erde: das Breitmaulnashorn, das Spitzmaulnashorn, das Sumatra-Nashorn, das Panzer-Nashorn und das Java-Nashorn. Spitzmaulnashörner und Breitmaulnashörner kommen in Afrika vor, während die anderen in Asien zu finden sind. Das Nördliche Breitmaulnashorn gilt allgemein als eine Unterart des Breitmaulnashorns (zusammen mit dem Südlichen Breitmaulnashorn).

Nördliche Breitmaulnashörner gelten heute weitgehend in freier Wildbahn als ausgestorben. Die letzten vier wildlebenden Exemplare wurden im Garamba-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo im August 2005 gesehen und auch 2007 gab es noch Anzeichen für ihre Existenz.

Gegenwärtig gibt es nur noch zwei Nashörner in menschlicher Obhut - Najin und Fatu - sie leben unter engem Schutz in einer halbwilden Umgebung auf der Ol Pejeta Conservancy in Kenia. Die Hauptbedrohung für ihr Überleben in freier Wildbahn ist weiterhin die Wilderei. Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen verhindern zusätzlich den Auf- und Ausbau von Schutz- und Naturschutzinitiativen.