Ist die Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre machbar, wirksam und gesellschaftlich wünschenswert? Die neue BMBF-Fördermaßnahme CDRterra forscht an terrestrischen CO2-Entnahmemethoden
Wie kann Deutschland die Treibhausgasneutralität von 2045 an einhalten? Ist CO2-Entnahme sinnvoll und gesellschaftlich erwünscht? Die BMBF-Fördermaßnahme CDRterra erforscht politische, ökologische, technische und gesellschaftliche Fragen zu CDR-Methoden.

Nach jetzigem Wissensstand wird es auch in Zukunft unvermeidbare Emissionen zum Beispiel aus Landwirtschaft, Industrie und Abfallwirtschaft geben. Die angestrebte Treibhausgasneutralität beschreibt daher ein Gleichgewicht zwischen den Quellen und Senken der Treibhausgase. Besonderer Forschungsbedarf besteht in der Frage, in wieweit die Senken von Treibhausgasen aktiv durch den Menschen vergrößert oder ergänzt werden können. Ziel der CDR-Fördermaßnahme ist es, durch die Erforschung von Methoden zur Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre die Wissensgrundlagen für forschungs- und klimapolitische Entscheidungen der Bundesregierung zu verbessern.
Im Pariser Übereinkommen von 2015 wurde das Ziel festgelegt, den Anstieg der globalen Mitteltemperatur auf deutlich unter 2 °C gegenüber vorindustriellem Niveau zu beschränken und „Anstrengungen zu unternehmen", den Anstieg sogar auf 1,5 °C zu begrenzen. Hierzu hat die Kommission der Europäischen Union (EU) als Teil des „European Green Deal" 2019 das Ziel verkündet, die EU bis zum Jahr 2050 „klimaneutral" zu machen. In Deutschland wird mit der Novellierung des Klimaschutzgesetzes vom August 2021 die Treibhausgasneutralität bis 2045 angestrebt.
Der Sechste Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC bestätigt: Für eine Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf 1,5 °C oder 2 °C werden neben der drastischen Reduktion von Treibhausgasemissionen auch sogenannte „negative Emissionen" benötigt werden. Negative Emissionen bedeuten das aktive Entziehen von CO2 (Carbon Dioxide Removal, CDR) aus der Atmosphäre und dessen langfristige Speicherung. Dazu werden in der Forschung und im Weltklimarat IPCC ein breites Spektrum an Optionen von ökosystem-basierten bis hin zu technischen Verfahren an Land und im Meer diskutiert.
Aber Fragen der Machbarkeit und Umsetzungsbedingungen der unter dem Begriff „CDR" geführten Technologien und Ansätze sind noch nicht ausreichend erforscht, um auf Grundlage der Erkenntnisse valide Entscheidungen über Investitionen in die Entwicklung oder die Regulierung eines Einsatzes von Technologien zu treffen. Das unterstreicht die forschungspolitische Bedeutung dieses Themas als Teil einer politikrelevanten Klimaforschung mit internationaler Tragweite. Denn ohne diese „negativen Emissionen" wird es nicht mehr möglich sein, Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen.
Um die Grundlagen für forschungs- und klimapolitische Entscheidungen zu verbessern, werden CDR-Methoden hinsichtlich großskaliger Machbarkeit sowie Wechselwirkungen mit anderen Nachhaltigkeitszielen und komplexen Wirkungszusammenhängen im Erd- und Klimasystem erforscht. Zudem werden eine vergleichende Analyse und eine Bewertung der verschiedenen CDR-Methoden angestrebt. Auch wenn die Potenziale dieser Methoden noch näher untersucht werden müssen, ist es sehr wahrscheinlich, dass die realisierbaren Mengen nur einem kleinen Teil jetziger Emissionen entsprechen werden. Ambitionierter Klimaschutz durch die Reduktion von Treibhausgasemissionen sowie Anpassung an den erwarteten Klimawandel müssen daher weiterhin höchste Priorität haben.
Bei den terrestrischen CDR-Methoden stehen einerseits naturbasierte und technikorientierte Lösungen für CDR und andererseits übergreifende Fragen zu politischer und institutioneller Machbarkeit, gesellschaftlicher Akzeptanz sowie Ethik im Vordergrund.
In den Forschungsprojekten werden die folgenden terrestrischen naturbasierten und technischen CDR-Methoden untersucht:
- direkte Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre mit anschließender langfristiger Speicherung des Kohlenstoffs (Direct-Air-Capture and Carbon Storage – DACCS),
- Biokohle und Pyrolyse von Biomasse (biochar),
- beschleunigte Verwitterung von Gesteinen (enhanced weathering),
- Bioenergie mit anschließender Abscheidung und Speicherung des CO2 (Bioenergy with Carbon Capture and Storage – BECCS),
- Aufforstung und Wiederaufforstung (afforestation/reforestation).
Neben den Forschungsprojekten wird auch ein Begleit- und Synthesevorhaben zur übergreifenden Analyse der im gesamten Programm gesammelten Erkenntnisse gefördert. Das Vorhaben wird Lösungen für den Transfer von Wissen in Politik, Öffentlichkeit und Wissenschaft entwickeln und die zentrale Schnittstelle zur Forschungsmission „Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung" der Deutschen Allianz Meeresforschung bilden.
Das BMBF fördert Forschungsprojekte dieser Maßnahme mit insgesamt rund 21 Millionen Euro.
FORSCHUNGSPROJEKTE
Nachrichten zur Maßnahme
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