Nach der Flutkatastrophe 2021: Wissenschaft bündelt aktuelle Forschungsergebnisse und setzt gemeinsamen Dialog fort

Welche Erkenntnisse hat die Wissenschaft bis heute über das Starkregenereignis gewonnen? Wie kann aktuell der Wiederaufbau gestärkt werden? Im Fokus der 2. Wissenschaftskonferenz des BMBF-Projekts KAHR stand der Austausch über neue Entwicklungen.

Der Wieder- und Neuaufbau in den von der Flutkatastrophe 2021 betroffenen Gebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz schreitet voran. Doch auch viele Schäden sind noch sichtbar. Rund um den Wiederaufbau haben Bevölkerung, Kommunen und Unternehmen weiterhin viele Fragen. Unterstützt werden sie dabei auch von vielen wissenschaftlichen Institutionen, um die betroffenen Regionen für die Zukunft resilienter zu gestalten. Das vom BMBF initiierte KAHR-Projekt ist bereits rund anderthalb Jahre mit wissenschaftlichem Rat, aber auch mit eigenen Untersuchungen und Messungen vor Ort aktiv. Insgesamt 13 Forschungsinstitutionen und Praxispartner begleiten gemeinsam den Wieder- und Neuaufbau in den Flutregionen; die Abkürzung KAHR steht für Klima-Anpassung, Hochwasser und Resilienz.

Am 9. und 10. Mai versammelte KAHR über 100 Forschende bei der 2. Wissenschaftskonferenz, zu der sich sowohl Expertinnen und Experten aus Deutschland, aber auch internationale Fachleute digital dazuschalteten. Wasserwirtschaft, Raumplanung, Modellierung – die Teilnehmenden kamen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen. Die Wissenschaftskonferenz diente als gemeinsame Plattform, um sich über vielfältige Fragen zur Klimaresilienz und zur Hochwasservorsorge auszutauschen und vom gegenseitigen Erkenntnisgewinn zu profitieren.

Im Zentrum der Veranstaltung standen die Fragen: Welche Forschungsergebnisse zur Flutkatastrophe 2021 liegen bereits vor? Welche neuen Fragestellungen haben sich ergeben? Diskutiert wurde zu verschiedenen Themenblöcken, wie etwa zu „Katastrophenschutz und kritische Infrastrukturen", „Frühwarnung und Risikokommunikation" und „Bevölkerung und soziale Infrastrukturen im Postkatastrophen-Kontext". Projekte, die zur Flutkatastrophe 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, aber auch in Belgien und den Niederlanden forschen, präsentierten ihre Ergebnisse und diskutierten diese. Beispielsweise wurden in mehreren Beiträgen die Ergebnisse des BMBF-Projektes HoWas2021 und des europäischen EMFloodResilience Projektes vorgestellt. Aber auch weitere nationale und internationale Beispiele wie zum Beispiel aus Schwäbisch-Gmünd, Ghana oder Indonesien haben mit ihren Ergebnissen zur Diskussion beigetragen.

Kooperation als Schlüssellösung – enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis

Ein Aspekt, der immer wieder in unterschiedlichen Kontexten hervorgehoben wurde, ist die Kooperation zwischen verschiedenen Akteuren. So zeigt ein Beispiel im Bereich der Katastrophenhilfe, wie die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis für beide Seiten gewinnbringend auf- und ausgebaut wird: Nach der Flutkatastrophe 2021 startete die Technische Universität Kaiserslautern, Fachgebiet Wasserbau und Wasserwirtschaft, im Rahmen des KAHR-Projekts die Zusammenarbeit mit dem Technischen Hilfswerk (THW), das nach der Katastrophe laufend im Einsatz war. Gemeinsam wurden vertiefende Module zum Thema Hochwasserschutz und Naturgefahren als zusätzliches Weiterbildungsangebot zur regulären Ausbildung entwickelt. Um den THW-Einsatzkräften einen aktuellen Einblick zum Stand der Hochwasserforschung – insbesondere unter den Einflüssen der Klimaveränderungen – näher zu bringen, wurden beispielsweise Gastdozenten aus der Wissenschaft zu den THW-Schulungen eingeladen. Zusätzlich bringen sich die Forschenden als Berater ein, wenn es um Übungsszenarien für die Einsatzkräfte geht: Welche Hochwasser-Szenarien treten voraussichtlich in Zukunft auf? Wie werden sich Situationen verändern? Auch die Forschenden sehen hier einen gegenseitigen Mehrwert der Kooperation, denn sie erhalten Erfahrungen aus erster Hand durch die Einsatzkräfte.

Wie wichtig der gegenseitige Austausch und die gemeinsame Kooperation ist, zeigte sich ebenfalls an der Diskussion rund um die Entwicklung und Gestaltung von Hochwasserschutz-Konzepten. Diese liegen in der Verantwortung der einzelnen Kommunen. Da die Gemeinden entlang eines Flusslaufes liegen, ist ein interkommunaler Austausch und eine Abstimmung der Hochwasserschutz-Konzepte auf Ebene des Flusseinzugsgebietes sinnvoll, so die Schlussfolgerung mehrerer Teilnehmender der Wissenschaftskonferenz. Als Beispiel wurde die interkommunale Hochwasserschutzkooperation Erft vorgestellt, die vom Erftverband als Projektleitung koordiniert wird. Auch der KAHR-Partner Wasserverband Eifel-Rur (WVER) ist in seiner Beraterrolle als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis aktiv und kennt die interkommunalen Herausforderungen.

Zum Abschluss der 2. KAHR-Wissenschaftskonferenz steht fest: Es ist bereits viel in Gang gesetzt worden. Für den weiteren Wieder- und Neuaufbau der betroffenen Regionen – aber auch für zukünftige Hochwasser- und Starkregenereignisse – sind Dialogformate wie die wissenschaftliche KAHR-Konferenz wichtig – für neue Erkenntnisse und neue Formen der Zusammenarbeit.