Bundesweites Forschungsexperiment in PENNY-Supermärkten – Projekt HoMaBiLe liefert erste Ergebnisse zur Zahlungsbereitschaft für Umweltfolgekosten bei Lebensmitteln

Mit der Aktion „Wahre Kosten“ hat der Lebensmittel-Discounter PENNY für ausgewählte Produkte die Preise gemäß ihrer Umweltfolgekosten, unter anderem für CO2-Emmissionen sowie Wasser- und Ressourcenverbrauch, während einer Aktionswoche im August 2023 erhöht. In allen 2.150 PENNY-Märkten bundesweit konnten neun Produkte erstmalig im deutschen Einzelhandel zu den „Wahren Kosten“ eingekauft werden. Das BMBF-Forschungsprojekt „HoMaBiLe“ konnte durch Auswertung dieses öffentlichkeitswirksamen Experiments herausfinden, wie die Verbraucherinnen und Verbraucher darauf reagierten und präsentierte erste Ergebnisse auf der Grünen Woche in Berlin.

Ziel der begleitenden wissenschaftlichen Studie zu der Penny-Kampagne „Wahre Kosten" ist es, Informationen zum Einfluss dieser Kampagne auf die Wahrnehmung von Umweltfolgekosten, das Konsumverhalten und die Zahlungsbereitschaft der Kundschaft im Interesse der Umwelt zu erhalten. Nun liegen erste Zwischenergebnisse vor. Diese wurden von Prof. Tobias Gaugler von der Technischen Hochschule Nürnberg und Dr. Amelie Michalke von der Universität Greifswald jetzt bei der Internationalen Grünen Woche präsentiert. In der Themenwelt „ErlebnisBauernhof" im Panel „Wahre Kosten von Lebensmitteln: wissenschaftliche Erkenntnisse der deutschlandweiten Kampagne bei PENNY" diskutierten sie ihre Erkenntnisse mit Andreas Kraemer (Head of Corporate Communication, PENNY) und Jutta Weiß (Geschäftsführerin Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V.). Zentrales Thema war, welchen Beitrag die Methode „True Cost Accounting" (TCA) für eine nachhaltige Entwicklung der Lebensmittelbranche insbesondere an der Schnittstelle des Lebensmittelhandels und dem Endverbraucher leisten kann.

Das Experiment „Wahre Kosten"

Die wissenschaftlichen Berechnungen für die Aktion „Wahre Kosten" lieferte das BMBF-geförderte Forschungsprojekt „HoMaBiLe" von der Universität Greifswald in Kooperation mit der TH Nürnberg und dem EU-Projekt „FOODCoST". Die „wahren Preise" für die Aktionsprodukte wurden mittels Lebenszyklusanalyse (auch Ökobilanzen genannt), einer international anerkannten TCA-Methodik und fundierten Kostenfaktoren (zum Beispiel vom Umweltbundesamt und CE-Delft) ermittelt. Dabei zeigte sich, dass konventionell erzeugte Produkte höhere Umweltfolgekosten verursachen als etwa Bio-Lebensmittel. Entsprechend haben konventionelle Lebensmittel höhere „wahre Kosten". Ihr Preisaufschlag im Rahmen der Kampagnenwoche fiel höher aus als bei Bio-Lebensmitteln. Die Forscherinnen und Forscher werteten die Verkaufszahlen der Kampagnenprodukte aus und verglichen diese mit den Verkaufszahlen von Vergleichsprodukten sowie Referenzzeiträumen. Diese Analyse gibt Aufschlüsse zum Kaufverhalten von Kundinnen und Kunden bei nachhaltigkeitsbegründeten Preisaufschlägen.

Wie haben die Verbraucherinnen und Verbraucher reagiert?

Die Auswertung der Kampagne zeigt, dass die Ausweisung „wahrer Preise" Menschen spürbar für die Umweltfolgekosten von Konsumentscheidungen sensibilisieren kann. Die Kampagne hat zudem einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte zu nachhaltigem Konsum geleistet.
Die Auswertung der Verkaufszahlen zeigt, dass bei Ausweisung der wahren Kosten sowohl Bio- als auch konventionelle Lebensmittel weniger gekauft wurden: der Einbruch bei Bioprodukten fällt jedoch durchweg etwas geringer aus.
Dr. Amelie Michalke, Wissenschaftlerin im BMBF-Projekt HoMaBiLe an der Universität Greifswald, erläutert: „Generell gilt: Je größer der Preisaufschlag der Umweltfolgekosten ausfällt, desto stärker sinkt die Nachfrage der Kundinnen und Kunden. Einzig, das vegane Produkt wurde während der Woche verstärkt nachgefragt. Dies erklärt sich aus dem geringsten Preisaufschlag von lediglich fünf Prozent. "
Insgesamt 2.255 Personen nahmen zudem an der begleitenden Umfrage der Penny-Kampagne „Wahre Kosten" teil. Prof. Gaugler von der Technischen Hochschule Nürnberg erläutert die Auswertung der Umfrageergebnisse: „Hauptgrund die Produkte nicht zu kaufen war demnach der Preis (85 Prozent). Dabei unterscheiden die Kundinnen und Kunden nicht zwischen Produkten aus ökologischer oder konventioneller Erzeugung, sie zeigen einen vergleichbaren Abwärtstrend. Als Motivation, die Produkte dennoch zu kaufen, wurde angegeben, diese immer zu kaufen und das Interesse an Nachhaltigkeit. Zudem überzeugte die Befragten die mit dem Kauf verbundene Spende an „Zukunftsbauer". Dennoch: Beinahe jeder zweite Befragte gab an sich weder für Umweltaspekte zu interessieren noch die Kampagne unterstützen zu wollen."

Forschung zu „True Cost Accounting" bei Lebensmitteln für mehr Nachhaltigkeit

Das BMBF fördert das Forschungsprojekt „How much is the dish? - Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität durch True Cost Accounting bei Lebensmitteln" – kurz „HoMaBiLe" - im Rahmen der BMBF-Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA). Die Universität Greifswald ermittelt in Kooperation mit der TH Nürnberg mittels „True Cost Accounting" wie viel Lebensmittel kosten müssten, wenn alle für Umwelt und Biodiversität abträglichen Produktionseffekte in die Preise einberechnet würden. Auf dieser Basis wird untersucht, inwieweit solche „wahren" Preise von den Konsumentinnen und Konsumenten angenommen werden und ob sich Konsumverhalten dadurch nachhaltiger gestalten ließe. Dazu arbeitet das Forschungsprojekt mit Praxispartnern zusammen, darunter der Discounter PENNY. Die Zusammenarbeit der Universitäten mit Akteuren des Lebensmittelhandels ist erforderlich, um konkrete Forschungsfragen beantworten zu können.

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Presseanfragen ans Forschungsteam unter: info@wahre-preise.de