15.03.2016 31.05.2024
Bewerbungsphase
Auswahlphase
Förderphase
Heute

Carbon2Chem

Das Projekt Carbon2Chem erforscht, wie aus Hüttengasen der Stahlproduktion wertvolle Vorprodukte für Kraftstoffe, Kunststoffe oder Düngemittel werden. Carbon2Chem soll 20 Millionen Tonnen des jährlichen deutschen CO2-Ausstoßes der Stahlbranche wirtschaftlich nutzbar machen. Die zweite Phase von Carbon2Chem wird die entwickelten Verfahren für die großtechnische Umsetzung validieren und so die Grundlage für den emissionsarmen Betrieb legen. Dafür stehen bis 2024 weitere 84 Millionen Euro zur Verfügung.

Im Pariser Klimaabkommen vom 12. Dezember 2015 haben sich alle Staaten darauf geeinigt, dass sie die globale Erwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius begrenzen wollen. Um das zu schaffen, müssen sie klimaneutral wirtschaften und leben: Ab der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts darf nicht mehr Treibhausgas ausgestoßen werden, als sie gleichzeitig einsparen können. Deshalb müssen die Stahlbranche, aber auch andere energieintensive Industrien, ihren Treibhausgasausstoß ganz erheblich reduzieren. Doch unser Wohlstand hängt maßgeblich von der hiesigen Stahlindustrie und ihren rund 90.000 Beschäftigten ab.

Wie können wir unseren Wohlstand erhalten und gleichzeitig einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten? Das Projekt "Carbon2Chem" soll darauf eine Antwort geben. Seit 2016 entwickeln zahlreiche Industrieunternehmen gemeinsam mit Max-Planck und Fraunhofer-Gesellschaft sowie Universitäten eine weltweit einsetzbare Lösung, um die Abgase der Hochöfen in Vorprodukte für Kraftstoffe, Kunststoffe oder Dünger umzuwandeln. Den dafür benötigten Wasserstoff produzieren die Unternehmen mittels eines Elektrolyseurs auch aus Grünstrom. In der zweiten Projektphase werden nun gezielt weitere CO2-Quellen wie zum Beispiel Zementwerke und Müllverbrennungsanlagen in den Fokus genommen.

Wichtige Meilensteine seit 2016 erreicht

Seit seinem Start im März 2016 hat „Carbon2Chem" bereits große Fortschritte erzielen können. Im September 2018 wurde das gemeinsame Technikum am thyssenkrupp-Standort in Duisburg eingeweiht. Hier werden weltweit einmalig die Einzelverfahren praktisch zusammengeführt und unter Industriebedingungen im Praxisbetrieb mit realen Hüttengasen erprobt. Im März 2019 folgte die Einweihung des projekteigenen Labors am Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen. Auf 500 Quadratmetern Laborfläche und an 30 Büroarbeitsplätzen arbeitet das Partnerkonsortium gemeinsam an Verfahren zur Gasreinigung sowie zur Produktion von Methanol und höheren Alkoholen. In der zweiten Phase sollen nun die technischen Verfahren weiter validiert und für die Industrialisierung ab 2025 hochskaliert werden.

Unter dem Dach der Koordinatoren thyssenkrupp AG, MPI-CEC und FhG-UMSICHT wird das Vorhaben gesteuert und die interne und externe Kommunikation geregelt. Auch in der zweiten Phase wird sich ein Leitprojekt intensiv mit der Zusammensetzung, Reinigung und Aufbereitung der Hüttengase am thyssenkrupp-Standort in Duisburg beschäftigen. Dies ist der Ausgangspunkt für die drei Teilverbünde, die sich mit den unterschiedlichen Produktpfaden, Methanol, höhere Alkohole und Polymere beschäftigen. Ein eigenes Projekt befasst sich mit dem Transfer der Carbon2Chem-Technologie auf verschiedene CO2-Punktquellen wie Kraftwerke, Müllverbrennungsanlagen und Zementwerke.

Schließlich werden die Einzelbausteine in einem optimierten, kohärenten Anlagenverbund durch ein übergreifendes Leitprojekt zusammengeführt. Für diese Systemintegration werden Simulationsrechnungen und Modellierungen erstellt, und Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit und zu den ökologischen Auswirkungen durchgeführt.

Um die zukünftige Versorgung des Stahlwerks mit Wasserstoff zu erproben, werden verschiedene Wege für die Bereitstellung von Erneuerbaren Energien untersucht. Hierzu werden Import-Ketten modelliert und die Möglichkeit, Ammoniak als Wasserstoff-Träger zu verwenden, experimentell untersucht.

Der Verbund L-KK wird die Koordination sowie die interne und externe Kommunikation für den Gesamtverbund managen. Zusätzlich werden Lösungen zur klimaneutralen Industrie bis 2050 insbesondere in Hinblick auf die regulatorischen Rahmenbedingungen erarbeitet. Er ist damit den anderen Teilverbünden übergeordnet.

Der Verbund L0 fokussiert auf die Gesamtperspektive des Carbon2Chem-Konzepts und bündelt die Aktivitäten aus den anderen Teilverbünden. Schwerpunkte der FuE-Aktivitäten liegen in der Detaillierung der verfahrenstechnischen Konzepte zur Umsetzung eines Anlagenverbundes in den industriellen Maßstab, sowie in der Erweiterung des Bilanzraumes im Hinblick auf die eingesetzten CO2-Quellen und Szenarien. Neben der Erarbeitung von Grundlagen und Randbedingungen, mit denen Konzepte zur energetischen Systemoptimierung entwickelt werden können, will das L0-Konsortium mit einer vergleichenden ökologischen und ökonomischen Systembewertung der verschiedenen Gesamtprozesskonzepte Entscheidungshilfen liefern, wie in diversen Industriezweigen nachhaltige Technologieoptionen genutzt werden können.

Das Ziel von Teilprojekt L-1 ist es, die Robustheit der bereits erarbeiteten Konzepte zur Aufreinigung von Hüttengasen, zur Synthese diverser Chemikalien und insbesondere zur Systemintegration zu zeigen. Die bereits entwickelten Lösungen sollen auf die Zement- und Kalkindustrie sowie mögliche Abfallentsorgungsanlagen übertragen werden. Ziel ist auch die Erbringung des Nachweises, dass Carbon2Chem maßgeblich dazu in der Lage ist, sektorübergreifend CO2-Emissionen der großen Schlüsselindustrien zu mindern und darüber hinaus auf kleinere dezentrale Standorte übertragbar ist. Die Transformation der Industrie zu einer CO2-freien Produktion ist ein langer Prozess. Sie setzt die Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie und Wasserstoff voraus. Im Rahmen des Projektes soll dieser Transformationspfad genauer untersucht werden und die Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von CO2/CO im zeitlichen Verlauf und deren Verfügbarkeit untersucht werden.

Ziel von Teilprojekt L-2 ist die konkrete Ausarbeitung der in Phase 1 entwickelten Prozesskonzepte zur Herstellung von Methanol aus Hüttengasen auf simulativer, verfahrenstechnischer und experimenteller Ebene. Während in Phase 1 primär großtechnische Anlagenverbünde betrachtet worden sind, zielen die Arbeiten in Phase 2 auf eine weitere Ausarbeitung und Detaillierung ausgewählter Prozesskonzepte auf einer Prozessbild-Ebene ab, die für weitere technische, ökonomische und ökonomische Auswertungen nutzbar sind.

Im Verbund soll u.a. die Robustheit der aufgebauten Lösungen und die technische Übertragbarkeit auf andere Anwendungen zeigen. Dazu soll der störungsfreie Betrieb des Technikums, der Gasreinigung und der Elektrolyse nachgewiesen werden. Zudem werden die benötigten Gase für die weiterführenden chemischen Prozesse im Technikum bereitgestellt und innovative Konzepte zur Aufreinigung von Koksofengas entwickelt.

Der Verbund L4 wird einen katalytischen Gesamtprozess zur direkten Umsetzung von aufbereitetem Kuppelgas zu kurzkettigen Alkoholen, Olefinen und synthetischen Kraftstoffen entwickeln und zur Demonstrationsreife führen. Des Weiteren werden für das anfallende Produktgemisch Perspektiven und Optionen für eine marktorientierte Aufarbeitung ausgearbeitet.

Im Rahmen des Vorhabens L5-Carbon2Polymers, Teil II, das sich als ein Teil in die Gesamtstrategie von Carbon2Chem einbettet, sollen neue (Teil)verfahren zur Herstellung von Polycarbonaten erforscht und entwickelt werden.

Die Partner aus Wissenschaft und Industrie schlagen mit "Carbon2Chem" eine Brücke von der Grundlagenforschung in den Markt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte das Projekt mit mehr als 60 Millionen Euro in der ersten Phase. Für die zweite Phase werden weitere 84 Millionen Euro durch das BMBF bereitgestellt. Die beteiligten Partner planen Investitionen von mehr als 100 Millionen Euro bis 2025. Für die kommerzielle Realisierung haben sie mehr als eine Milliarde Euro vorgesehen.

Zum Projekt

Titel: Carbon2Chem

Laufzeit: 01.06.2020 - 31.05.2024 (2. Förderphase)

Fördervolumen des Verbundes: 84 Mio. Euro

Projektpartner: Clariant Produkte (Deutschland) GmbH, Covestro Deutschland AG, Evonik Industries AG, Evonik Resource Efficiency GmbH, Fraunhofer Gesellschaft, Linde AG, Max-Planck-Gesellschaft, Nouryon Industrial Chemicals GmbH, Remondis SE & Co. KG, Rheinkalk GmbH (Lhoist Germany), RWTH Aachen, Ruhr-Universität Bochum (RUB), Siemens AG, Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG, Thyssen Vermögensverwaltung GmbH, thyssenkrupp AG.

Klimaschutz in der Industrie: Carbon2Chem fokussiert dasselbe Themenfeld wie die BMBF-Machbarkeitsstudie MACOR, die das SALCOS-Konzept untersucht. SALCOS ist eine zusätzliche Alternative, wie CO2-Emissionen an Stahlwerken reduziert werden können. Im Gegensatz zu Carbon2Chem werden in SALCOS jedoch nicht die Hüttengase zur Herstellung von chemischen Produkten verwendet, sondern der eigentliche Prozess der Stahlherstellung unter Einbindung von Grünem Wasserstoff verändert. SALCOS gilt als CDA (Carbon Direct Avoidance)-Maßnahme während Carbon2Chem dem Themenfeld CCU (Carbon Capture and Usage/Utilisation) zugerechnet wird.

Zuletzt geändert am