Wie Extremwetterereignisse die Bevölkerungsgesundheit beeinflussen

HeWeCon: Dr. Claudia Konnopka erforscht mit ihrem Team, wie sich Extremwetterereignisse auf die Bevölkerungsgesundheit und die Gesundheitsversorgung auswirken.

Unterschiede im Umweltbewusstsein

Wie unterschiedlich das Bewusstsein und der Umgang verschiedener Gesellschaften bei den Themen Umwelt, Nachhaltigkeit und Globaler Wandel ist, konnte die nach dem Mauerfall in Ostdeutschland aufgewachsene Claudia Konnopka gut beobachten. „Einige Unterschiede gab es schon zwischen Ost- und Westdeutschland. Ich fand es sehr interessant zu sehen, wie zum Beispiel schrittweise Maßnahmen gegen Luft- und Abwasserverschmutzung oder Mülltrennung eingeführt wurden. Andererseits waren alltägliche Gebrauchsgüter in der DDR oft deutlich langlebiger und wurden häufiger repariert, was zur Nachhaltigkeit beigetragen hat."

Viele Wege führen zum Ziel

Schon früh entwickelte Claudia Konnopka ein Faible für Zahlen und Daten und entschied sich daher für ein Studium der Wirtschaftsmathematik. Da ihr jedoch der Anwendungsbezug fehlte, wechselte sie in den Bereich der Wirtschaftswissenschaften. Dort war sie nach dem Besuch einer Vorlesung im Bereich Gesundheitsökonomie sofort Feuer und Flamme für dieses Thema und legte den Schwerpunkt ihres Studiums auf die Gesundheitsökonomie. Der Reiz für diesen Forschungsbereich liegt für Claudia Konnopka in der Interdisziplinarität, „weil ich darin meinen vielfältigen Interessen gut nachgehen kann." Ein Hintergrund in Medizin oder Psychologie sei sinnvoll, aber auch Kenntnisse zu Statistik, Umgang mit Daten, Entwicklung von Forschungsdesigns, oder eben Wissen im Bereich Gesundheitsökonomie, einem Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften. „Mit keinem Studiengang können alle diese Bereiche abgedeckt werden, sodass man sich die übrigen Kenntnisse, die man im Studium nicht gelernt hat, selbstständig aneignen muss." Besonders in solchen interdisziplinären Fachbereichen ist ein geradliniger Lebenslauf daher nicht unbedingt erforderlich, findet Claudia Konnopka. Noch heute profitiert sie auch von ihrem Erststudium der Wirtschaftsmathematik. Die dort erlernten Grundlagen helfen ihr bei den statistischen Auswertungen im Forschungsprojekt HeWeCon. „Es fällt mir dadurch leichter, mathematische Hintergründe zu verstehen und Sachverhalte durch logisches Denken zu durchdringen."

HeWeCon – Health Effects of Weather Conditions

Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf leitet Claudia Konnopka die Nachwuchsgruppe „HeWeCon" am Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung. Zwar warnen Klimaforscher schon länger vor immer häufiger auftretenden Extremwetterereignissen und deren vielfältigen Folgen, aber die Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben erst in den letzten Jahren vermehrte Aufmerksamkeit erhalten. Claudia Konnopka will mit ihrem Team die verschiedenen Risiken des Klimawandels auf die Gesundheit sichtbar machen, denn „wir haben bereits heute Hitzewellen und alle können die Auswirkungen am eigenen Körper spüren."
HeWeCon soll die grundlegenden Zusammenhänge untersuchen und Schwellenwerte liefern, ab denen das Gesundheitsrisiko je nach Wetterlage steigt. Dabei sollen individuelle Vorerkrankungen und Soziodemografika berücksichtigt werden, denn das Risiko sei für jede Person in Abhängigkeit ihrer Gesundheit unterschiedlich, so Claudia Konnopka. Damit ließen sich Risikogruppen einteilen, denen dann unterschiedliche Risikostufen zugeordnet werden.

Forschung mit Gesundheitsdaten

Während ihrer Promotion hatte Claudia Konnopka bereits Krankenkassendaten für ihre Forschung genutzt. Diese Abrechnungsdaten seien von unschätzbarem Wert für die Forschung, so Konnopka, weil sie den Gesundheitszustand der Versicherten und deren Versorgungsrealität sehr gut widerspiegeln und zudem so große Datensätze ganz andere Auswertungsmöglichkeiten und Erkenntnisgewinne bieten als beispielsweise Befragungen einzelner Personen. Diese Daten müssen nicht erst erhoben werden, sondern sind im Rahmen der datenschutzrechtlichen Vorgaben anonymisiert verfügbar. „Die Idee bei HeWeCon ist, diese Gesundheitsdaten mit Daten zum Wetter zu verknüpfen, die ebenfalls frei verfügbar sind. So kann ich mit meiner Nachwuchsgruppe eine umfassende Datengrundlage zu einem relevanten und innovativen Thema schaffen, das von großem Interesse ist." Bisher wurden Krankenkassendaten für Fragestellungen zum Klimawandel kaum genutzt, obwohl sie genau dazu große Vorteile bieten. „Wir können mit unseren Daten die Auswirkungen von Extremwetterereignissen auf individueller Ebene einzelner Erkrankter sehen und nicht nur auf der Ebene der Gesamtbevölkerung. Zudem können wir viele Vorerkrankungen berücksichtigen und so Risikogruppen anhand ihrer Gesundheitsprofile besser einschätzen und informieren."

Vorhersagetool von Gesundheitsrisiken je nach Wetter

Damit vulnerable Gruppen besser zu den sie betreffenden Auswirkungen von Extremwetter informiert werden können, entwickelt die Nachwuchsgruppe ein sogenanntes Risikoprädiktionstool (Vorhersagewerkzeug). Dieses kann zum Beispiel in eine App integriert werden, in die man seine Vorerkrankungen eintragen kann, und dann je nach Wetter individualisierte Warnungen für die kommenden Tage erhält. Solche konkreten Forschungsergebnisse wie das Vorhersagetool sind Claudia Konnopka auch als Bürgerin besonders wichtig: „Leider bleiben Forschungsergebnisse viel zu oft in der akademischen Blase gefangen, ohne wirklichen Nutzen für die Allgemeinheit zu entfalten. Mir ist daher wichtig, dass die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt auch an die Zielgruppe gelangen, für die sie gedacht sind: Politik, Gesundheitssystem, aber vor allem Bürgerinnen und Bürger. Dazu soll vor allem das Risikoprädiktionstool zugänglich gemacht und einer breiten Basis kommuniziert werden. Wir wollen niederschwellige Formate finden, um Ergebnisse einfach und interessant dargestellt vermitteln zu können."

Nichtstun kostet Geld

Claudia Konnopka ist es ebenfalls wichtig, gesundheitliche und gesundheitsökonomische Effekte zu berechnen, die kausal auf Extremwetterereignisse zurückzuführen sind, also beispielsweise Erkrankungen und Verletzungen, Arbeitsunfähigkeit und Kosten für die Gesundheitsversorgung. „Bisher werden Maßnahmen, die den Klimawandel und seine Folgen eindämmen sollen, häufig als kostenintensiv wahrgenommen. Wir wollen mit unserer Forschung zeigen, dass es ebenfalls Geld kostet, nichts zu unternehmen, da die Bevölkerungsgesundheit in den kommenden Jahren und Jahrzehnten spürbar beeinträchtigt und die Gesundheitsversorgung entsprechend beansprucht sein werden, vor allem in den vulnerablen Risikogruppen. Durch diese Erkenntnisse können hoffentlich politische Diskussionen weiter motiviert und Argumente für kurz- und langfristige Präventionsmaßnahmen unterstützt werden."

HeWeCon und Karriere

Für Claudia Konnopka ist klar: „Die Nachwuchsförderung des BMBF ist eine tolle Möglichkeit, um sich als wissenschaftlicher Nachwuchs weiter zu qualifizieren." Außerdem helfe ihr das Forschungsprojekt, ihre Interessen und ihr Forschungsprofil im Bereich Klima, Umwelt und Gesundheit zu vertiefen. „So kann ich mich während des Projekts habilitieren, Kontakte knüpfen und mein Wissen und meine Erfahrung ständig erweitern, nicht nur in fachlicher Hinsicht, sondern auch bei der Leitung meiner Nachwuchsgruppe mit zwei Promovierenden." Sie strebt eine akademische Karriere an und möchte weitere Forschungsprojekte entwickeln und durchführen, die auf diesem Thema und den bisherigen Erkenntnissen aufbauen.

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